PSK PSK BultenKOMKARRoja NûWeþan / YayýnLinkArþiv
Dengê Kurdistan
PSK
PSK Bulten
KOMKAR
Roja Nû
Weþan/Yayýn
Arþiv
Link
Pirs û Bersiv
Soru - Cevap
Webmaster
 
 
 

Appell kurdischer Studenten aus Europa an die Europäische Union:
Wir fordern Partizipation!

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach langem Tauziehen begannen am 03. Oktober 2005 die Gespräche der Europäischen Union über den Beitritt der Türkei. Mit 15 bis 20 Millionen machen wir Kurden etwa 20% der Bevölkerung der Türkei aus. Auch Kurden werden also bei einem Beitritt der Türkei zur Europäischen Union Bürger Europas; die Kurdenfrage ist somit durch die Beitrittsverhandlungen bereits eine europäische Frage. Erstmals nach der Gründung der Türkischen Republik haben wir Kurden ernsthaft die Möglichkeit Gehör zu finden. Wir erwarten von einem demokratischen Europa einen verantwortungsvollen Umgang mit der Kurdenfrage, die in der Türkei eine Frage der Menschenrechte darstellt. Als demokratisch gesinnte Studenten in Europa fordern wir, dass der Menschenrechtskatalog der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auch für die Kurden, insbesondere auch für den türkischen Teil Kurdistans zu gelten hat.

An den Verhandlungen über den Beitritt der Türkei in die Europäische Union kommen junge Kurden so gut wie gar nicht zum Zuge. Im Sinne demokratischer Prinzipien und im Verständnis des Selbstbestimmungsrechtes möchten wir kurdische Studenten in Europa uns an den Verhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei beteiligen. 2007, das Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle, sollten wir es nicht auch für uns beanspruchen dürfen? Und unsere Zukunft selbst mit zu gestalten, haben wir dazu kein Recht?

Zanîn, der parteiunabhängige und überkonfessionelle Verein kurdischer Studenten an der Leibniz Universität Hannover, führte eine Befragung kurdischer Studenten über sechs Monate durch bezüglich der kurdischen Frage in der Türkei. Insgesamt haben an der Umfrage 214 kurdische Studenten aus verschiedenen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, aber auch aus der Türkei teilgenommen. Teilweise kommen die Teilnehmer aus Kurdistan, teilweise sind sie in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union geboren und aufgewachsen. Ferner gehören die Teilnehmer verschiedener Fachrichtungen an.

Den folgenden Appell verstehen wir als ersten Schritt hin zu einer ständigen Teilnahme an den Beitrittsverhandlungen. Wir kennen die Stellung Europas, die der Kurden und die der Türkei und sind der festen Überzeugung, dass Probleme nur gemeinsam gelöst werden können. Wir kurdische Studenten leben in und streben nach Europa und erwarten von der Europäischen Union, uns in alle für die Kurden relevanten Konferenzen, Tagungen o. Ä. auf europäischer Ebene einzuladen und uns als eigenständige Interessengruppe miteinzubeziehen.

Als Konsens können folgende Forderungen kurdischer Studenten in Europa zusammengefasst werden:

1. Die Antwort auf die Kurdenfrage in der Türkei muss auf demokratischem, friedlichem und politischem Wege erfolgen.

2. Für eine sofortige Einstellung der Gefechte und Kampfhandlungen zwischen dem türkischen Militär und der kurdischen Guerilla.

3. Wir sind für eine Entmilitarisierung auf allen Ebenen und für die Abschaffung der Dorfmilizen.

4. Menschen, die während des türkisch-kurdischen Krieges aus ihren Dörfern vertrieben wurden, sollen in ihre Heimat zurückkehren können. Dies muss staatlich subventioniert werden.

5. Politische Häftlinge und politisch Agierende in den Bergen und im Exil sollen frei in ihre Heimat zurückkehren können.

6. Das kurdische Volk und seine Identität müssen in der Verfassung der Türkei rechtlich akzeptiert bzw. geschützt werden. Die Türkei muss von der Illusion eines homogenen Nationalstaates abkommen. Der türkische Staat muss alle Völker, Minderheiten, Religionen, Klassen und Individuen in der Türkei gleich behandeln.

7. Im Sinne des Selbstbestimmungsrechtes sollen die Kurden über alle sie betreffenden Bestimmungen auf allen Ebenen selbst entscheiden können.

8. Das Gesetz über die politischen Parteien soll insbesondere dahingehend geändert werden, dass mit der Abschaffung der 10%-Hürde prokurdischen und kurdischen Parteien der Einzug in das türkische Parlament ermöglicht wird.

9. Der Türkische Staat muss die bedingungslose Einhaltung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, die beide Grundelemente einer jeden freiheitlichen Demokratie darstellen, garantieren.

10.Die Justiz in der Türkei muss unabhängig arbeiten.

11.Ziel sollte eine Dezentralisierung sein, die den lokalen Ebenen mehr Kompetenzen einräumt.

12.Das Staatseinkommen soll gerecht über die gesamte Türkei verteilt werden. Der wirtschaftliche Aufbau in den kurdischen Gebieten muss staatlich unterstützt werden. So können soziale Probleme, z.B. die Arbeitslosigkeit, mangelnde Schulbildung, das Fehlen an Frauenhäusern und die hohe Anzahl an Straßenkindern, reduziert bzw. abgeschafft werden.

13.Die Diskriminierung der kurdischen Sprache und Kultur, sei es in den Schulen, in den Medien oder in der staatlichen Verwaltung, muss aufgehoben werden.

14.Der 21. März, Newroz, muss als ein nationaler Feiertag des kurdischen Volkes staatlich anerkannt werden.

15.Die kurdische Sprache muss der türkischen Sprache als Amtssprache gleichgestellt werden.

16.Historische Städte und Bauten, z.B. Hasankeyf und die Stadtmauer von Diyarbakir, müssen staatlich geschützt werden.

17.Neben den türkischen Städtenamen sollen auch die kurdischen Städtenamen gebraucht werden.

Mit freundlichen Grüßen

Zanîn
Verein kurdischer StudentInnen an der Leibniz Universität Hannover

Hannover, 17.11.2006

www.zanin.eu

zanin-hannover@web.de

PSK Bulten © 2006