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Ausführungen von Kemal BURKAY Anlässlich des 25. Gründungstags der Sozialistischen Partei Kurdistan (PSK)

In diesen historischen Tagen des Beginns des Jahres 2000 feiern wir den 25. Gründungstag unserer Partei.

Ein solcher Tag ist ein bedeutendes Ereignis für unsere Partei. Für Parteien, die sich – wie unsere – trotz unerbittlicher Unterdrückung organisieren und kämpfen, sind 25 Jahre eine lange Zeit und ein solcher Tag ein ganz besonderer.

25 Jahre lang hat es unsere Partei geschafft, den zahlreichen Angriffen des kolonialistischen Regimes und seiner Diener standzuhalten und trotz widriger Umstände – Gefängnis, Folter und Exil – zu widerstehen. Wir haben dank unserer weitblickenden Politik, unseren Grundsätzen und unserem erbitterten Kampf standgehalten.

Wir dürfen zu Recht stolz sein auf das, was wir in diesem letzten Vierteljahrhundert geschafft haben. Und ich möchte allen Genossinnen und Genossen herzlich gratulieren, die an den Aktivitäten der Partei teilgenommen haben. Ich danke ebenfalls allen Freunden, die uns bei unserer Aufgabe unterstützt haben.

Eigenschaften der PSK und ihrer Grundsatzpolitik

Trotz erbitterten Kampfes und hoher Verluste konnten wir – als Partei und als Volk – unsere Ziele leider nicht immer erreichen: Freiheit und Demokratie für unser Land. Dies ist sowohl auf externe als auch auf interne Faktoren zurückzuführen: erschwerende Umstände und Fehler bzw. Mängel des Kampfes für die kurdische Nation. Auf diesen Punkt werde ich später zurückkommen. Zunächst möchte ich die Grundsatzpolitik unserer Partei in den letzten 25 Jahren kurz zusammenfassen und mich dazu äußern. Wie sah unsere Grundsatzpolitik aus? War sie zum gegebenen Zeitpunkt richtig oder falsch? Ich werde nicht vermeiden können, die Politik anderer kurdischen Organisationen kurz ansprechen zu müssen. Denn wir sind nicht die einzigen Akteure der kurdischen Politik.

Schauen wir uns die letzten 25 Jahre an. Eine solche Analyse ist notwendig, nicht nur um festzustellen, was richtig und was falsch war, sondern auch, um aus den Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen und geeignete Strategien für die Zukunft festzulegen. In einer Zeit, wo unser Land bedeutende politische Veränderungen erfährt und in bezug auf Ideologie und Organisation nur Verwirrung erlebt, müssen wir müssen diese Analyse durchführen. So können wir unseren Weg mit klarem Verstand einschlagen und den Massen diesen Weg zeigen.

Sozialismus und Internationalismus

Sozialismus und Internationalismus sind die Kernwerte unserer Partei, die sie seit ihrer Gründung mit Nachdruck verteidigt. Die Machtverhältnisse in der Welt haben sich zum Nachteil der sozialistischen Kräfte geändert. Angesichts der Auffassung, dass die kurdische Nation kolonialisiert wurde und unter der Herrschaft einer ausländischen Macht steht, und dass Kurdistan ein unterentwickeltes Land ist, halten einige solche Forderungen für utopisch bzw. für Luxus.

Unsere Antwort: Der Kampf zwischen den kapitalistischen und den sozialistischen Kräften der Welt ist ein langer Prozess, der durch Rückschläge und Fortschritte, Tiefen und Höhen geprägt ist. Die Machtverhältnisse können sich verändern. Die langfristigen Ziele der Gesellschaften und der Organisationen, die die verschiedenen Sozialklassen vertreten, können jedoch nicht durch konjunkturelle Veränderungen festgelegt werden.

Wir verteidigen den Sozialismus, weil die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen unserer Welt und moralische Ansichten uns dazu zwingen. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung aller zeitgenössischen Gesellschaften besteht aus Arbeitnehmern. Der Sozialismus vertritt die Interessen der Arbeitnehmer. Wir denken, dass der Sozialismus zur Abschaffung jeglicher Art der Repression und Ungerechtigkeit unter den Menschen und zur Entstehung einer zivilisierten, entwickelten, friedlichen Gesellschaft aus freien und gleichberechtigten Männern und Frauen führen wird.

Wir sehen in einer solchen Gesellschaft die Zukunft der Menschheit.

Solange Widersprüche zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bestehen, solange die Arbeitgeber die Erträge der Arbeitnehmer in Mehrwert umwandeln, solange ein Teil der Gesellschaft im Luxus lebt, während der andere obdachlos und arbeitslos ist, kann nicht von sozialer Gerechtigkeit und Gleichberechtigung gesprochen werden.

Wünschen die heutigen Gesellschaften eine solche radikale Veränderung und sind sie dazu bereit? Das ist eine andere Frage. Als Sozialisten verteidigen wir die fortschrittlichen Werte, welche die Menschheit seit Jahrhunderten fordert. Wir arbeiten daran, die Menschen auf die Gesellschaft von morgen vorzubereiten, und unser Ziel ist die Entstehung einer solchen Gesellschaft. Die Erfahrungen dieses letzten Jahrhunderts haben gezeigt, dass das alles kein Traum ist. Die Zukunft wird ohne Zweifel ganz anders als heute aussehen.

Der Kapitalismus, so stark er heute erscheinen mag, stellt die Vergangenheit und den Konservatismus dar. Die Menschen ändern sich und machen Fortschritte in Richtung auf Zivilisation und Frieden, sie sind auf der Seite des Sozialismus.

Die internationalistischen Werte, die wir seit der Gründung unserer Partei mit Nachdruck verteidigen, sind für uns weder eine Mode noch ein Luxus. Sie verkörpern unsere Weltanschauung, unsere Lebensart. Wir erkennen gerne die Unterschiede zwischen den Völkern in bezug auf Sprache, Religion und Hautfarbe an. Wir lehnen Rassismus, Chauvinismus, hasserfüllte Politik und Feindseligkeit zwischen den Völkern ab. Wir bekämpfen Unterdrückung und Ausbeutung. Ferner ist es unsere Pflicht, uns für die Probleme derjenigen zu interessieren, die Opfer der Ungerechtigkeit, der Repression in der Welt sind, und sie so gut zu unterstützen, wie es in unserer Macht liegt.

Hätten die internationalistischen Werte im Leben aller Völker Fuß fassen können, wären die Pläne der kolonialistischen, reaktionären und aggressiven Kräfte, blutige Kriege zwischen den Völkern zu schüren, vereitelt worden. Ethnische Unterschiede, unterschiedliche Hautfarben oder Religionen hätten sie nicht für ihren Zweck instrumentalisieren können. Es wäre leichter gewesen, den Frieden auf der Welt wiederherzustellen, die Auseinandersetzungen und sonstige internationalen Probleme zu lösen.

Internationalismus bedeutet, dass alle Völker der Welt wie Mitglieder der großen Menschengemeinde, wie Brüder, betrachtet werden, die solidarisch gegen Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen.

Die Welt gehört uns allen. Jeder hat das Recht, auf dieser Erde in Frieden zu leben. Rassismus, Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, übersteigerter Nationalismus, Feindseligkeiten zwischen Religionen und Konfessionen müssen nun der Vergangenheit gehören. Sie sind das Ergebnis von sozialen Beziehungen, Trieben und Gewohnheiten aus der Vergangenheit. Die internationalistischen Werte sind zunächst für die Erziehung der Völker notwendig.

Zudem haben uns unsere sozialistische Identität und unser Bekenntnis zu den internationalistischen Werten nie daran gehindert, unsere nationalen Verpflichtungen zu erfüllen. Entgegen den Behauptungen einiger haben wir sie nicht wie zweitrangige Aufgaben betrachtet. Wir haben im Kampf gegen die kolonialistischen und diktatorischen Regimes, die sich unseres Landes und unserer Rechte bemächtigt haben, nie nachgelassen.

Wir, die Mitglieder der Sozialistischen Partei Kurdistan, sind in den letzten 25 Jahren im Kampf gegen das kolonialistische Joch in dem Teil Kurdistans, der unter türkischer Herrschaft steht, in der ersten Reihe gewesen. In ideologischer und politischer Hinsicht haben wir eine äußerst wichtige Rolle gespielt. Wir haben unermüdlich daran gearbeitet, das Volk zu organisieren, die kurdische Kultur zu verteidigen und unsere Forderungen auf der internationalen Bühne zu vertreten. In diesen 25 Jahren sind wir regelmäßig und intensiv tätig geworden, wir haben den Kampf in anderen Teilen Kurdistans unterstützt. Die Bemühungen und die Selbstlosigkeit unserer Genossen im Kampf für die Befreiung des kurdischen Volkes sind beispielhaft.

Kurz gesagt, weit davon entfernt, ein Makel zu sein, ist es für uns kurdische Sozialisten eine Ehre, an Internationalismus zu glauben. Wir denken, dass wir unsere nationale und internationale Aufgabe erfolgreich erfüllt haben.

Innerhalb der kurdischen Nation bilden wir eine organisierte, widerstandsfähige und kämpferische Kraft. Gleichzeitig stehen wir für die fortschrittlichsten Werte unserer Zeit innerhalb der kurdischen Gemeinschaft. Es sind diejenigen, die uns wegen unserer sozialistischen Identität und unseres internationalistischen Verhaltens kritisieren, die kleinkariert sind.

Revolution für die nationale Befreiung und nationale Front

Sicherlich kann behauptet werden, dass der Übergang zum Sozialismus oder die sozialistische Revolution nicht die dringendste Aufgabe zugunsten der kurdischen Gesellschaft ist. Das denken wir auch. Wir sind nicht realitätsfremd. Das kurdische Volk, dessen Heimatland unter mehreren Staaten aufgeteilt ist, führt einen Überlebenskampf gegen diese Staaten, die unerbittlich versuchen, diesen Kampf für die Freiheit zu unterdrücken. Unsere dringendste und vorrangigste Aufgabe ist die Befreiung unserer Nation.

Direkt nach ihrer Gründung nannte unsere Partei diese Aufgabe die Revolution für die nationale Befreiung oder die demokratische nationale Revolution. Es geht darum, das fremde Joch in Kurdistan zu beenden, die kurdische Nation zu befreien und eine demokratische Gesellschaft zu errichten.

Seit 25 Jahren arbeitet die Sozialistische Partei Kurdistans unermüdlich daran, die kurdische Gemeinschaft über die Ausbeutungs- und Repressionsmechanismen des türkischen Regimes zu informieren. Sie arbeitet daran, die kurdische Gesellschaft zu organisieren und sie zur Übernahme ihrer Pflichten gegenüber der nationalen Befreiung vorzubereiten. Deshalb haben wir einerseits daran gearbeitet, uns innerhalb der Massen zu organisieren und die gewissenhaften Mitglieder dieser Gesellschaft zu überzeugen, mit uns zusammenzuarbeiten, und andererseits alle nationalen Kräfte in eine größtmögliche nationale Front zu versammeln.

Die Bildung einer nationalen Front gehörte zu den wichtigsten Zielen unseres Programms. In diesem Punkt stimmten ebenfalls unsere Erklärungen und unsere Handlungen überein.

Schon in unseren ersten Veröffentlichungen haben wir Gewalt und den Bruderkrieg verurteilt, die den Beziehungen zwischen den patriotischen Organisationen geschadet haben. Mehrmals haben wir die patriotischen Kräfte gefordert, zusammenzuhalten.

Wir haben an der Bildung einer Nationalfront in Nord-Kurdistan gearbeitet. Wir haben uns stets an solchen Arbeiten beteiligt. Oft haben wir sogar die Initiative ergriffen.

Das erste Ergebnis unserer Bemühungen war die Gründung der Nationaldemokratischen Union bestehend aus den Organisationen PSK, DDKD und KUK. Leider lebte diese Union nur kurz, aus Gründen, die mit uns nichts zu tun hatten. Später wurden die unmittelbar nach dem Putsch vom 12. September 1980 angefangenen Verhandlungen im Laufe des Jahres 1981 in Hinsicht auf die Gründung von HEVKARI fortgesetzt.

Mitte 1980 haben wir zusammen mit sieben weiteren kurdischen Organisationen die Organisation für die Befreiung des Nordkurdistans (TEVGER) gegründet.

1993 haben wir zusammen mit der PKK Schritte unternommen, um eine Front zu gründen. 12 Organisationen aus Nord-Kurdistan waren an diesen Arbeiten beteiligt.

Nicht alle unsere Bemühungen sind von Erfolg gekrönt worden. Manchmal ja, jedoch nur für kurze Zeit. Die Öffentlichkeit weiß, dass wir uns ehrlich und ernsthaft bemühen, nicht nur solche Unionen zu gründen, sondern sie auch am Leben zu erhalten.

Zwei wesentliche Faktoren haben die Gründung einer Nationalfront verhindert:

Erstens die Unbeständigkeit anderer Organisationen wie plötzlicher Politikwandel, Spaltung, Erschlaffung und Abgang von der politischen Szene.

Zweitens das Verhalten einiger Organisationen, welches dem Geist der Union entgegensteht. Dazu gehören Fanatismus, die Tendenz, alle anderen Organisationen als feindliche Kräfte zu betrachten und Probleme durch Gewalt zu lösen.

Trotz unseres guten Willens haben diese negativen Faktoren die Gründung einer Nationalfront in Nord-Kurdistan verhindert. Aus dieser Erfahrung ziehen wir folgende Lehre: die Gründung einer Nationalfront kann nur mit Organisationen gelingen, die sich verantwortlich verhalten, stabil sind und Kontinuität in ihrer Politik beweisen. Gewalt zwischen patriotischen Organisationen muss ausgeschlossen sein, und demokratische Beziehungen müssen aufgebaut werden. Nur so kann das Vertrauen zwischen den Organisationen wachsen, und erst dann können sich alle – größeren und kleineren – Organisationen auf ein gemeinsames Programm einlassen.

Beziehungen zu den anderen Teilen Kurdistans und Politik der Zusammenarbeit und der Solidarität

Unsere Politik in bezug auf die Beziehungen zu den anderen Teilen Kurdistans ist klar und deutlich. Wir erkennen keinesfalls die künstlichen, mit Gewalt gezogenen Grenzen an, die Kurdistan teilen. Diese Grenzen abzuschaffen, sobald alle Bedingungen erfüllt sind, das ist ein Recht der kurdischen Bevölkerung. Kurdistan ist ein Land, das unter ausländische Kräfte aufgeteilt ist; die kurdische Nation ist eine geteilte Nation, die von diesen selben Kräften unterdrückt wird.

So ungerecht und illegal diese seit Jahrzehnten gezogenen Grenzen auch sein mögen, sind sie Realität. Ihre Abschaffung kann nicht von heute auf morgen geschehen. Die Folgen dieser Grenzen sind mehr als real. Die politische Lage ist nicht in allen Teilen Kurdistans gleich. Der Kampf des kurdischen Volkes in den jeweiligen Teilen Kurdistans muss mit den Mitteln und Methoden geführt werden, die den Bedingungen dieses Teils Kurdistans angepasst sind. Es sind die kurdischen Organisationen der jeweiligen Teile des Landes, die am besten in der Lage sind, diese Mittel und diese Kampfmethoden festzulegen. In der Praxis sieht es auch so aus, dass jeder Teil unseres Landes eigene Organisationen hat.

Die Beziehungen zwischen den Organisationen der jeweiligen Teile Kurdistans müssen freundschaftlich und brüderlich sein. Diese Organisationen müssen solidarisch sein. Die Kritik muss konstruktiv sein, und eventuelle Probleme müssen durch Dialog gelöst werden. Niemals darf Gewalt zur Lösung von Problemen eingesetzt werden.

Von Anfang an haben wir diese Politik mit Entschiedenheit verfolgt. Es ist auch die Erklärung für das Vertrauen und die festen freundschaftlichen Beziehungen, die zwischen uns und den Organisationen aus den anderen Teilen Kurdistans trotz unserer Meinungsverschiedenheiten über bestimmte Punkte bestehen.

Den Vorschlag einer einzigen Organisation, eine gemeinsame Revolution zu führen, ist sowohl unrealistisch als auch gefährlich. Denn eine Organisation, die eine solche Auffassung vertritt, wird sich in die inneren Angelegenheiten der anderen Parteien einmischen müssen, was zu Konflikten und Auseinandersetzungen zwischen den Organisationen der jeweiligen Teile Kurdistans führen kann. In der Vergangenheit sind wir bereits Zeuge solcher Entwicklungen gewesen.

Letztlich fing die PKK an, sich zunächst bei den Kurden in Syrien, dann in Süd-Kurdistan (Irak) und in Ost-Kurdistan (Iran) zu organisieren. Diese Politik hat zu Konflikten zwischen der PKK und den kurdischen Organisationen in diesen Teilen Kurdistans geführt. Die Ereignisse in Süd-Kurdistan sind ein besonders gutes Beispiel dafür. Die PKK hat sich in die inneren Angelegenheiten des Süd-Kurdistans eingemischt. Mehrmals hat sie die Kurden aus dieser Region bekämpft. Das Vertrauen zwischen den verschiedenen Teilen Kurdistan geriet dadurch ins Schwanken. Der Bruderkrieg machte viele Opfer, und nur unsere Feinde haben davon profitiert.

Zusammenarbeit, Solidarität und Harmonie zwischen den verschiedenen Teilen unseres Landes sind notwendig und spielen eine äußerst wichtige Rolle. Seit ihrer Gründung hat unsere Partei ihre Solidarität mit den kurdischen Befreiungskämpfen in den anderen Teilen des Landes zum Ausdruck gebracht. Wir haben ihren Kampf gegen die kolonialistischen Regimes unterstützt. Gleichzeitig haben wir ihre Fehler kritisiert, die die nationale Befreiungsbewegung gefährden können.

Zwischen 1980 und 1990 haben wir uns zusammen mit einigen Organisationen der anderen Teile Kurdistans sehr stark für die Gründung eines Rats oder eines nationalen Kongresses eingesetzt. Diese Organisation sollte für Solidarität und Koordinierung zwischen den patriotischen Kräften der vier Teile Kurdistans sorgen. Daran waren insbesondere die Patriotische Union Kurdistans (Irak), die Demokratische Partei Kurdistans (Irak), die Demokratische Partei der fortschrittlichen Kurden Syriens, die Demokratische Partei Kurdistans (Iran) sowie die Kommunistische Partei (Irak und Syrien) beteiligt.

Nach der Gründung von TEVGER haben wir diese Aktivitäten im Namen von TEVGER zusammen mit der Front Süd-Kurdistan und mit der PDKI fortgeführt. Die Öffentlichkeit weiß von diesen Aktivitäten. Später haben wir uns für die Gründung eines wirklichen nationalen Kongresses eingesetzt, der die Organisationen der vier Teile Kurdistans hätte vertreten können, und kein Ableger einer politischen Partei gewesen wäre.

Leider scheiterten unsere Bemühungen aufgrund der Probleme und Konflikte zwischen den Organisationen und aufgrund einiger externen Faktoren. Für unsere Partei gab es kein Hindernis und keine externen Gründe, die die Union hätten verhindern können. In der Tat hatten wir keine Auseinandersetzung mit anderen Organisationen, wir betrachten sie nicht als Feinde und hatten keine Beziehungen zu irgendeinem kolonialistischen Land, die unsere Politik hätten belasten können. Als PSK haben wir unsere Politik in voller Unabhängigkeit festgelegt und im Interesse der nationalen Befreiungsbewegung gehandelt. In diesem Punkt müssen wir uns ebenfalls keine Vorwürfe machen.

Beziehungen zu den Nachbarländern,

Politik der Solidarität mit den demokratischen Kräften

Unsere Partei hat der Solidarität mit den fortschrittlichen, friedlichen und demokratischen Kräften der Nachbarvölker immer viel Bedeutung beigemessen. Dieser Standpunkt ist ebenfalls ein wesentlicher Aspekt unserer Bündnispolitik.

Die Staaten, die sich unser Land teilen, unternehmen alles mögliche, um die Nachbarvölker zu Gegnern unseres Volkes zu machen, Hassgefühle und Konflikte zwischen ihnen zu schüren, um sie zu teilen und zu beherrschen. Gewiss empfinden die Kurden Hass gegen diejenigen, die sie unterdrücken und der kolonialistischen Ausbeutung unterwerfen. Jedoch wurde unsere Politik nicht von Hassgefühlen, sondern vom gesunden Menschenverstand geleitet.

Trotz unserer feindlichen Gesinnung gegenüber kolonialistischen Regimes und den herrschenden Kräften, die für die Politik der Unterdrückung verantwortlich sind, haben wir noch in keiner Weise das türkische, arabische und persische Volk als feindliche Kräfte betrachtet. Ganz im Gegenteil haben wir stets die Notwendigkeit der Solidarität für die Demokratie, die Freiheit und den Sozialismus sowie beim Kampf gegen das repressive Regime betont, unter dem diese Völker ebenfalls leiden. Wir haben unseren Freunden, den wirklichen Intellektuellen, den fortschrittlichen, demokratischen und revolutionären Kräften der Nachbarvölker vertraut, mit denen wir eine Politik der Freundschaft geführt haben. Wir denken, dass diese Politik den Interessen des kurdischen Volkes entspricht. In der Praxis haben wir bewiesen, dass ein gemeinsamer Kampf möglich ist. Die Gründung der Union der linken Kräfte, bestehend aus sechs kurdischen und türkischen Organisationen, nach dem Militärputsch von 1980 ist ein gutes Beispiel hierfür.

Wenn die gesamte kurdische Nationalbewegung eine solche Politik entschlossen verfolgt hätte, würde sie heute eine viel breitere und wirksamere Unterstützung bei der türkischen Bevölkerung und bei den Nachbarvölkern genießen. Wir hätten dann die Pläne der kolonialistischen Regimes durchkreuzen können, die darin bestehen, die Völker gegeneinander auszuspielen.

Leider haben einige kurdischen Organisationen die Bedeutung dieser Politik nicht verstanden. Im Namen des kurdischen Patriotismus haben sie eine intolerante Politik verfolgt, die die freundschaftlichen Beziehungen zu den Nachbarvölkern geschwächt haben. Die Politik dieser Organisationen, welche Absichten sie auch immer hatten, ist den kolonialistischen Regimes zugute gekommen.

Seit ihrer Gründung hat unsere Partei den engen Zusammenhang zwischen der Befreiung des kurdischen Volkes und der Demokratie in der Türkei deutlich hervorgehoben. In der ersten Ausgabe der Zeitschrift Özgürlük Yolu im Juni 1975 lautete die Überschrift des Leitartikels: „Unsere dringende Aufgabe ist der Übergang zur Demokratie".

In diesem Artikel deuteten wir darauf hin, dass sich die Gesellschaft zwischen Faschismus und Demokratie entscheiden musste, und dass unsere dringende Aufgabe war, das Aufkommen des Faschismus zu verhindern.

„Das Scheitern des Faschismus und der Sieg der demokratischen Kräfte werden unserer revolutionären Bewegung neue Perspektiven eröffnen" schrieben wir. Ein wesentliches, sogar vielleicht das Hauptschlagwort unserer Partei lautete „Demokratie für die Türkei – Freiheit für Kurdistan".

Zu jener Zeit unterschätzten die meisten kurdischen Organisationen und Gruppen – im Gegensatz zu unserer Partei – den Kampf für die Demokratie und den gemeinsamen Kampf beider Völker gegen den Faschismus und lehnten ihn ab. Sie waren der Meinung, dass der Kampf gegen den Faschismus nicht die Aufgabe der Kurden war.

Diese Meinungsverschiedenheit zwischen unserer Partei und den anderen kurdischen Organisationen setzte sich über Jahre hinweg fort. Die Zeit hat jedoch gezeigt, dass wir Recht hatten. Diejenigen, die in der Vergangenheit den Kampf für die Demokratie unterschätzten und uns vorgeworfen haben, Reformisten zu sein, die die kurdische Nationalbewegung in die türkische Linksbewegung einbinden wollten, haben unser Verhalten gutgeheißen. Einige haben nicht nur unser Verhalten gutgeheißen, sie sind sogar weiter gegangen. Im Namen der „demokratischen Republik" haben sie auf die wesentlichen Forderungen der Kurden verzichtet. Alles oder nichts ist ihre Politik.

Unsere Politik auf internationaler Ebene

Dank der Tätigkeit der in Europa angesiedelten Organisationen der kurdischen Arbeiter und Intellektuellen war unsere Partei äußerst präsent auf der internationalen Ebene, um die Öffentlichkeit über die kurdische Frage zu informieren und Unterstützung für unseren Kampf zu fordern.

Das Ziel unserer Politik bestand darin, Unterstützung zu gewinnen und das kolonialistische Regime zu isolieren. Unsere langjährige geduldige Arbeit hat zu spürbaren Ergebnissen geführt. Durch unsere Tätigkeit sowie die anderer kurdischen Gruppen ist die freundliche Gesinnung gegenüber dem Kampf des kurdischen Volkes gewachsen. Trotz der heftigen Reaktion in der Presse haben jedoch die gewalttätigen Aktionen der PKK in Europa unserem Kampf geschadet. Sie hatten eine Minderung der Sympathie gegenüber dem kurdischen Volk zur Folge und sind dem türkischen Regime zugute gekommen.

Zwei mögliche politische Lösungen: ein getrennter Staat oder eine Föderation

Eine weitere Meinungsverschiedenheit mit den anderen Parteien und Gruppen im türkischen Kurdistan war unser Vorschlag, eine Föderation als Lösung der kurdischen Frage zu bilden.
Unser grundsätzlicher Ansatz in bezug auf die Lösung der kurdischen Frage, einer nationalen Frage, ist seit Anfang an klar und hat sich nicht geändert. Wir setzen uns für das Recht des kurdischen Volkes auf Selbstbestimmung ein. Wir sind der Meinung, dass es zwei mögliche Wege gibt, die die Ausübung dieses Rechts ermöglichen: Unabhängigkeit oder Föderation bzw. genauer gesagt, ein getrennter Staat oder eine Föderation. Ob sich die Kurden für die Gründung eines getrennten Staates entscheiden oder ob sie sich für die Bildung einer Föderation mit dem türkischen Volk entscheiden, die kurdische Nation wird auf jeden Fall unabhängig. Wir lehnen jegliche Abhängigkeit ab. Die Verwirklichung der einen oder anderen Möglichkeit hängt von objektiven und historischen Bedingungen ab.

Wie bereits bekannt ist, haben sich fast alle Organisationen aus Nord-Kurdistan lange Zeit ausschließlich für einen getrennten Staat eingesetzt und die Forderung einer Föderation ignoriert. Sie haben uns kritisiert. Die PKK ging noch weiter und setzte die Forderung einer Föderation einem Verrat gleich.

Ironie des Schicksals: die PKK erkannte als erste die föderalistische Lösung an. Mit der Zeit hat sich der Standpunkt einiger anderen kurdischen Organisationen gelockert. Einige Organisationen schließen jedoch weiterhin eine solche Lösungsmöglichkeit aus.

Wir bestehen auf der Forderung einer Föderation aus zwei Gründen: erstens entspricht sie der Vorstellung, dass das kurdische Volk zusammen mit dem türkischen Volk – und für die anderen Teile von Kurdistan mit den arabischen, persischen und aserbaidschanischen Völkern – im Rahmen einer Föderation leben kann, und die Forderungen einer solchen Föderation entsprechen unserer Auffassung des Sozialismus.

Wir betrachten diese Völker wie unsere Brüder. Wenn sie frei sind, wird das gegenseitige Vertrauen stärker, und frei gewählte Zusammenschlüsse sind möglich. Die Sowjetunion war das Ergebnis eines solchen Zusammenschlusses. Die Schweiz ist ein weiteres Beispiel im kapitalistischen System. Es gibt selbstverständlich weitere Beispiele. Die Europäische Union zum Beispiel ist nichts anderes als eine Föderation oder ein Staatenbund.

Der zweite Grund, warum wir die Möglichkeit einer Föderation in Betracht ziehen und auf die Wahl dieser Möglichkeit sogar bestehen, ist die politische Realität. Angesichts der Umstände in Kurdistan ist unsere Forderung einer Föderation realistischer. Sie entspricht dem Kräfteverhältnis in der Region und in der Welt. Ohne plötzliche Veränderungen in der Region ist es für die Kurden, die in vier Staaten verstreut und daher umzingelt sind, schwierig, die Grenzen dieser vier Staaten zu ändern und einen unabhängigen Staat zu gründen. Die Staaten der Region stehen der Gründung eines solchen Staates feindlich gegenüber. Darüber hinaus genießen die Kurden nicht die internationale Unterstützung, die in einem solchen Fall notwendig wäre. Die Forderung einer Föderation könnte hingegen eine solche internationale Unterstützung erhalten. Bei den Völkern, mit denen wir innerhalb der Grenzen der Staaten, die sich Kurdistan teilen, zusammenleben, könnte die Öffentlichkeit eine solche Forderung zeitweise ebenfalls akzeptieren.

Die Erfahrung der letzten 25 Jahre und die internationalen Beziehungen beweisen eindeutig, dass die Forderung einer Föderation realistisch ist. Diese Forderung bietet uns ein breiteres politisches Aktionsfeld.

Dringende demokratische Forderungen

Um im politischen Kampf die gesetzten Ziele zu erreichen, reicht es im übrigen nicht aus, Programme zu verfassen; wirtschaftliche und demokratische Forderungen, die den Umständen und den Bedürfnissen der Gesellschaft entsprechen, sind ebenfalls notwendig, um die Massen zu gewinnen und gleichzeitig Kompromisse zu schließen, um die Fragen leichter zu lösen. Das haben wir immer getan. Um die kurdische Frage durch Dialog und Kompromiss zu lösen und den Weg zum Frieden zu eröffnen, haben wir mehrmals der gegnerischen Partei konkrete Angebote gemacht. Mit der Zeit hat sich die Öffentlichkeit die meisten unserer Forderungen zu den ihrigen gemacht.

Zum Beispiel der freie Gebrauch der kurdischen Sprache in der Presse und im Bildungswesen, die freie Debatte um die kurdische Frage, die Möglichkeit für die kurdischen politischen Parteien und Kulturvereine, sich frei zu organisieren.

Wir haben dann weitere Vorschläge gemacht: bilateraler Waffenstillstand, Rückkehr der deportierten Kurden in ihre Dörfer, Entschädigung der erlittenen Schäden, Beendigung des Ausnahmezustands, Beendigung des Systems der Dorfschützer, allgemeine Amnestie, Demokratisierung der Verfassung und andere Gesetze.

Innere Demokratie in der Partei

Innerhalb der Partei haben wir die Grundsätze des demokratischen Zentralismus angewandt.

Die Partei wird auf der Grundlage der Entscheidungen des Parteikongresses, des Zentralkomitees und anderer zuständiger Stellen geführt. Diese Entscheidungen werden in Übereinstimmung mit dem Parteiprogramm und auf der Grundlage der Satzung getroffen.

Bis jetzt hat die Partei fünf Parteikongresse veranstaltet. Der Parteikongress wählt das Zentralkomitee.

Die inneren Beziehungen unserer Organisation werden durch die Satzung festgelegt. Wir sind stets um interne Demokratie bemüht. Meinungs- und Kritikfreiheit ist Voraussetzung, bevor die Organe der Partei eine Entscheidung treffen. Die Entscheidung eines Parteiorgans zu respektieren ist jedoch ebenfalls Regel. Wie fähig oder selbstlos ein Individuum auch sein mag, darf es dennoch niemals über den Parteiorganen stehen und anderen seine Ansichten aufzwingen.

25 Jahre lang löste unsere Partei bestimmte innere Angelegenheiten, ein Teil davon auf der Ebene des Zentralkomitees, durch Entscheidungen, die nach einem freien Meinungsaustausch und nach Information der Parteimitglieder getroffen werden konnten. So gelang es uns, unseren führenden Kräften Vertrauen einzuflößen und unsere Einheit aufrechtzuerhalten.

Seit 25 Jahren bin ich Generalsekretär der Partei. 25 Jahre sind eine lange Zeit. Die Tatsache, dass an dieser Stelle kein Wechsel stattgefunden hat, ist weder auf eine etwaige Bestimmung der Satzung noch auf meine Leidenschaft für diese Funktion zurückzuführen. Ganz im Gegenteil: ich habe mehrmals in aller Ehrlichkeit persönlich darum gebeten, dass diese Funktion einem anderen Genossen anvertraut wird. Nach jedem Parteikongress hat mir jedoch das Zentralkomitee diese schwierige aber auch befriedigende Aufgabe anvertraut. Da ich an die Sache des Volkes glaube und mir meiner Pflicht bewusst bin, habe ich mich bemüht, meine Funktion so gut wie möglich zu erfüllen. Ich danke den Genossen, die mich dieser Aufgabe würdig fanden.

Gewiss sind die Rolle und die einzelnen Fähigkeiten der verantwortlichen Personen für die die Partei von Bedeutung. Am wichtigsten jedoch sind die Politik der Partei, ihre Grundsätze und ihre Regeln. Denn keine Organisation, die eine gewisse Stabilität genießt und demokratisch geführt wird, wird durch eine Änderung der Führung aus der Fassung gebracht. Sie wird in der Tat neue Führungskräfte innerhalb der Partei wählen und einfach ihren Weg weitergehen. Personenkult und personenbezogene Macht, die die Parteiorgane ausschließen, sind Schwächen, die für rückständige Gesellschaften typisch sind. Gleichzeitig lähmt willkürliche Macht die demokratischen Prozesse innerhalb der Organisation, schadet dem freien Meinungsaustausch, der Kollektivmacht und schafft Diktatoren.

Es ist Tradition in unserer Partei, sich vor jeder Entscheidung und jeder wichtigen Veränderung der Parteipolitik sowie vor jedem Parteikongress an die Mitglieder zu wenden. Wir haben mehrere Tagungen organisiert, um über die weitere Politik zu diskutieren. Jedes Parteimitglied nimmt an der Ausarbeitung der Parteipolitik entsprechend seinen Befugnissen und Zuständigkeit teil.

Die Tatsache, dass unsere Partei im erdrückenden politischen Umfeld der Türkei und Kurdistans noch stehen geblieben ist, ist größtenteils auf unsere gut funktionierenden demokratische Prozesse innerhalb der Partei zurückzuführen. Wir haben schwierige Phasen überlebt, indem wir uns ausgetauscht, neue Entscheidungen getroffen und notfalls unsere Politik und unsere Arbeitsweise durch Änderungen unseres Programms und unserer Satzung erneuert haben. In einer Zeit zum Beispiel, in der das sozialistische System zusammengebrochen ist und einige kommunistische und sozialistische Parteien von der politischen Bühne verschwunden sind, hat unsere Partei überleben können. Dies hat sie der fruchtbaren Debatte innerhalb der Partei und den Erfahrungen, aus denen sie gelernt hat, zu verdanken. Dank den beiden 1989 einberufenen Tagungen und dem 1992 durchgeführten Parteikongress konnten wir die Zersplitterung der Partei vermeiden.

Entsprechend den Umständen und dem internationalen Kräfteverhältnis innerhalb des Landes haben wir uns für den friedlichen politischen Kampf entschieden

Um unsere Ziele sowohl in bezug auf den Klassenkampf als auch auf den Befreiungskampf zu erreichen, ist es selbstverständlich, sich der Mitteln und der Kampfform zu bedienen, die den Umständen entsprechen.

Die Erfahrung aus den sozialen und nationalen Kämpfen hat jedoch gezeigt, dass der Kampf hauptsächlich politischer Natur ist.

Weder eine Revolution noch radikale Veränderungen sind ohne die organisierte Beteiligung des Volkes möglich. Das Bewusstsein der Masse zu wecken, sie zu organisieren, um sie zu bewegen, erfordert einen langen, vielseitigen, geduldigen, intensiven politischen Kampf. Unter bestimmten Umständen, insbesondere wenn sich der Gegner der Gewalt bedient, ist es nicht nur natürlich, sondern berechtigt, sich mit ähnlichen Methoden zu verteidigen. Sowohl in der Religion als auch in der Politik besteht das Recht auf Widerstand gegen Unterdrückung. Dieses Recht ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO verankert. Sich den Waffen und der Gewalt in dem sozialen oder nationalen Befreiungskampf zu bedienen, ist jedoch kein Ziel in sich. Wenn der Kampf legal und friedlich geführt werden kann, besteht keine Notwendigkeit, Gewalt anzuwenden. Darüber hinaus, auch wenn die Möglichkeit eines legalen und friedlichen Kampfes nicht gegeben ist, muss nicht automatisch auf den bewaffneten Kampf zurückgegriffen werden. Wer den Kampf der Arbeiter oder eines unterdrückten Volkes führen will, muss auf jeden Fall prüfen, ob die Umstände einen bewaffneten Kampf rechtfertigen, und die Vor- und Nachteile dieser Kampfform abwägen. Sowohl der Zeitpunkt als auch der Schauplatz eines bewaffneten Kampfes muss wohl überlegt sein, damit der Kampf den Interessen der Befreiungskräfte dient und nicht dem Gegner zugute kommt.

Von diesem Grundgedanken ausgehend, verurteilt unsere Partei den bewaffneten Kampf für die Befreiung des kurdischen Volkes nicht und betrachtet ihn als ein legitimes Recht. Wir sind jedoch der Meinung, dass die Bedingungen in Nord-Kurdistan und das Kräfteverhältnis im Nahen Osten für den bewaffneten Kampf nicht günstig sind.

Wie sehen diese Bedingungen aus? Ich hatte mehrmals die Gelegenheit, mich zu diesem Thema zu äußern. Ich möchte unseren Standpunkt noch einmal kurz schildern. Unser Land ist unter vier Staaten aufgeteilt und von diesen Staaten umzingelt. Kurdistan hat keine Öffnung – weder auf dem Landwege noch auf See – nach außen. Die Beziehung der kämpfenden kurdischen Befreiungskräfte zur Außenwelt ist durch diese geographische Lage äußerst schwierig. Denn der bewaffnete Kampf setzt einen sicheren Stützpunkt im Hinterland, logistische Unterstützung und intensive Beziehungen zur Außenwelt voraus. Unter den gegebenen Umständen ist es schwierig, die von den befreundeten Kräften zur Verfügung gestellten Mittel (Waffen, Material, Menschen) nach Kurdistan zu befördern.

Die Geschichte des Kampfes für die Befreiung des kurdischen Volkes macht deutlich, dass die kämpfenden kurdischen Organisationen auf die Unterstützung durch die kolonialistischen Staaten angewiesen sind. Sie brauchen vom Iran, Irak, Syrien oder von der Türkei militärische Unterstützung, Lebensmittel und Material sowie die Erlaubnis oder Duldung von Stützpunkten im Hinterland. Doch jeder dieser Staaten hat Probleme mit seinen eigenen Kurden und wünscht daher nicht den Sieg der kurdischen Bewegung.

Diese Staaten sind nicht nur gegen die Gründung eines kurdischen Staates, sie dulden auch keine Form der kurdischen Autonomie. Wegen ihrer gemeinsamen Interessen haben sich diese Staaten bereits mehrmals verbündet, um die kurdische Nationalbewegung zu unterdrücken. Das Ziel des Nachbarstaates, der Beziehungen zu den kurdischen politischen Parteien hat, besteht darin, die kurdische Bewegung als Trumpf gegen einen anderen Staat, sogar gegen seine eigenen Kurden zu benutzen.

Genauso sind Iran, Irak, Syrien und vor kurzem auch die Türkei vorgegangen. Mit dieser Art der Unterstützung haben die Kurden den Krieg geführt, ihn jedoch nie gewonnen. Denn diese Unterstützung war nicht ausreichend, um einen Sieg der Kurden zu ermöglichen. Andererseits haben die kurdischen Parteien, die sich mit einem kolonialistischen Staat verbündet haben, der ein Teil von Kurdistan besitzt, meist ihre Unabhängigkeit verloren. Manchmal mussten sie für die Interessen der kolonialistischen Staaten gegen die anderen kurdischen Organisationen kämpfen.

Die Aufteilung von Kurdistan unter vier Staaten ist ebenfalls einer der Gründe, warum die kurdische Nationalbewegung auf internationaler Ebene kaum bzw. nicht ausreichend unterstützt wird.

Kein Staat, ob klein oder groß, ungeachtet seines sozialen Systems, möchte seine Beziehungen mit vier Staaten des Nahen Ostens (Türkei, Irak, Iran und Syrien) wegen der Rechte der Kurden gefährden. So war es gestern, als die Welt aus zwei entgegengesetzten politischen Systemen bestand, so ist es auch heute.

Darüber hinaus ist Nord-Kurdistan im Besitz des NATO-Mitgliedes Türkei. Daher konnte man nicht damit rechnen, dass die NATO den Befreiungskampf von Kurdistan unterstützt. Die NATO hat immer die Türkei unterstützt.

Eine Organisation, die sich des bewaffneten Kampfes bedient, muss alle diese Faktoren berücksichtigen. Wie in der Vergangenheit kann ein bewaffneter Befreiungskampf nur mit starker internationaler Hilfe siegen. Aus den oben geschilderten Gründen ist den Kurden eine solche Hilfe versagt.

Unter solchen Umständen war von Anfang an klar, dass der bewaffnete Kampf keine Aussicht auf Erfolg hatte und die Lage der Kurden verschlimmern würde.

Ich muss ebenfalls einen anderen wichtigen Punkt betonen. In den sechziger und siebziger Jahren war es das türkische Regime selbst, das die gesamte türkische Linksbewegung und die kurdische Bewegung zu einem unzweckmäßigen bewaffneten Kampf zu verleiten versuchte. Sein Ziel war, seine Gegner auf ein Terrain zu locken, wo es sich stark genug fühlte, um die Volksbewegung zu zerschlagen. Die Linken und die Kurden wurden stets provoziert. Leider erreichte das Regime sein Ziel, indem es seine Agenten, seine Lockspitzel und seine Scheinorganisationen einsetzte.

In unserem Fall war der bewaffnete Kampf allein im Falle eines Aufstands der Arbeiter, der linken und demokratischen Kräfte in der Türkei, sprich eines Aufstands der türkischen Volksmassen, möglich. Nur so wäre das kurdische Volk weder isoliert noch umzingelt gewesen. Der gebündelte Kampf beider Völker hätte dieses despotische Regime stürzen können.

Unsere Partei hat diese Faktoren berücksichtigt und daher von einem bewaffneten Kampf Abstand genommen und diejenigen gewarnt, die diese Alternative eher gewählt hätten. Es ist schwierig gewesen, unter den äußerst gespannten Umständen in den siebziger und achtziger Jahren den anderen Organisationen unseren Standpunkt klarzumachen.

Die PKK insbesondere, aus internen aber auch aus externen Gründen, hat den bewaffneten Kampf gewählt, jedoch ohne Erfolg. Denn wir hatten Recht, leider.

Lassen wir die Art der bewaffneten Eingriffe der PKK vor dem Militärputsch im 1980 beiseite. Das Ergebnis des 15jährigen Kriegs, der im August 1984 begann, ist die Zerstörung von 4000 kurdischen Dörfern und mehreren kurdischen Städten. Kurdistan bietet ein Bild der Zerstörung. Zehntausende von Menschen mussten sterben. Das Volk hat unendlich gelitten. Millionen von Kurden mussten Kurdistan verlassen und im Exil leben. Was wurde erreicht? Trotz der wiederholten Versprechen der PKK, zuerst eine befreite Region und dann einen unabhängigen Staat zu gründen, konnte keine einzige Parzelle des kurdischen Gebiets befreit werden. Es wurden keine Rechte errungen. Man kann sogar sagen, dass in einigen Punkten sogar eine rückläufige Entwicklung stattgefunden hat.

Unsere Partei ist sich dieser Sackgasse immer bewusst gewesen. Wir haben vor dem Putsch in 1980 gewarnt. Als sich die PKK 1984 im bewaffneten Kampf engagierte, haben wir erklärt, dass dieser Kampf keinen Aussicht auf Erfolg hätte und dieses Abenteuer enorme Verluste verursachen würde. Viele haben jedoch bei den Entwicklungen der Guerilla den gesunden Menschenverstand verloren. Mit Begeisterung haben sie geglaubt, der Sieg sei in Reichweite. In bezug auf den Ausgang des Krieges haben wir uns keine Illusionen gemacht. Wir sind realistisch geblieben. Selbstverständlich haben wir unsere Propaganda gegen das kolonialistische Regime gerichtet, welches wir als den eigentlichen Verursacher des Krieges betrachten. Wir haben uns jedoch weiterhin für die Wahrheit eingesetzt. In einer Reportage der Zeitschrift DENG im Januar 1991 erklärten wir: „Den bewaffneten Widerstand einleiten, obwohl das Kräfteverhältnis, die nationalen und internationalen Umstände ungünstig sind, kann nicht nur zum Scheitern verurteilt sein, sondern auch zur Vernichtung der Kämpfer und des Volkes führen".

In derselben Reportage betonten wir, dass ein Kampf, der mit der Unterstützung von Syrien und den anderen kolonialistischen Ländern geführt wird, nicht zum Sieg führen kann, und dass der Glaube an einen solchen Sieg nur eine Täuschung ist.

Heute ist das Ergebnis des Krieges leicht sichtbar: außer der Zerstörung Kurdistans gibt es keine spürbaren Ergebnisse. Auf die Lage der PKK, die keinen Zufluchtsort für ihren Vorsitzenden Öcalan finden und seine Festnahme durch die Türkei nicht verhindern konnte, brauchen wir nicht weiter einzugehen. Die PKK hat die Waffen bedingungslos niedergelegt und auf die kurdischen nationalen Forderungen verzichtet.

Gab es keine anderen Mittel und Wege, für die Befreiung des kurdischen Volkes zu kämpfen, als der bewaffnete Kampf? Natürlich gab es welche. Öcalan selbst erklärt nach seiner Festnahme durch die Türkei, nachdem er gewissermaßen gescheitert ist, dass er sich vor 20 Jahren geirrt hat. In der Tat gibt er an, dass der politische und friedliche Kampf unter den gegebenen Umständen besser geeignet sei. Hat sich Öcalan wirklich geändert oder gibt er solche Erklärungen aus persönlichen Beweggründen ab? Ich weiß es nicht. Seine Partei jedoch hat diese Erklärungen richtig gefunden. Es gibt weiterhin kurdische Organisationen, die der Meinung sind, dass die kurdische Frage nicht ohne den bewaffneten Kampf gelöst werden kann. Es muss an den Wissenslücken der kurdischen Gesellschaft liegen. Jedes Mal haben sich die Kurden, die der Unterdrückung und der Ungerechtigkeit müde waren, Widerstandsgruppen angeschlossen; es schien ihnen eine leichtere schnellere Lösung zu sein. Viele Kurden dachten, dass es die einzige Möglichkeit sei, Politik zu machen und die nationale Befreiung zu erzielen.

Politik ist jedoch vor allem ein Kampf, der mit mündlicher und schriftlicher Propaganda, mit Organisation und Massenbewegungen geführt wird. Gebildete, organisierte Massen, die für ihre Interessen kämpfen, sind die größte Kraft, die man sich vorstellen kann. Die Tatsache, dass in gewissen Phasen des Kampfes der bewaffnete Widerstand notwendig ist, darf uns nicht dazu verleiten, diese Form des Kampfes als die wichtigste zu betrachten. Die vielen Formen des politischen Kampfes können uns ebenfalls zum Ziel bringen. Was in der Vergangenheit für Nord-Kurdistan möglich war, ist immer noch möglich.

Vor dem Putsch vom 12. März 1971 und vom 12. September 1980 gab es Möglichkeiten, den politischen Kampf zu führen. Die Arbeiterpartei der Türkei, die DDKO, die Kundgebungen im Osten sowie die zahlreichen legalen Veröffentlichungen, die es vor dem 12. März 1971 gab, sind der beste Beweis dafür. Nach dem 12. März 1971 waren die Möglichkeiten, den Kampf legal zu führen, sogar noch günstiger geworden. Mehrere Linksparteien durfte legal existieren, und die kurdische Nationalbewegung durfte viele Aktivitäten offen ausüben.

Vor dem Militärputsch vom 12. März 1971 wählte jedoch die türkische Linksbewegung aus Ungeduld den Untergrund und unzweckmäßige bewaffnete Aktionen. Die kurdische Nationalbewegung ihrerseits, ohne das Für und Wider abzuwägen, entschied sich vor dem 12. Septembers 1980 für den bewaffneten Kampf.

Selbst wenn die kurdische Nationalbewegung auf eine gewisse Weise gezwungen war, in den Untergrund zu gehen, weil das Regime den rechtmäßigen Kampf nicht ganz ermöglichte, hätte sie ihren Kampf ohne Gewalt weiterführen können. Es gab viele mögliche Formen des friedlichen Kampfes.

Die PDK (Demokratische Partei Kurdistan) zum Beispiel hatte sich bereits in den sechziger Jahren organisiert. Unsere Partei, die ursprünglich PSKT hieß, wurde Ende 1974 gegründet. Andere kurdische Parteien haben sich in den folgenden Jahren gebildet. Gleichzeitig begannen wir mit der Veröffentlichung von Özgürlük Yolu und von Roja Welat in kurdischer und türkischer Sprache. Von Özgürlük Yolu wurden etwa zehntausend Exemplare und von Roja Welat zwischen Dreißig- und Vierzigtausend Exemplare veröffentlicht. Wir verteilten sie in der ganzen Türkei und in die entferntesten Gegenden Kurdistan. Überall wurden zahlreiche kulturellen Vereine gebildet. Wir gewannen die Kommunalwahlen in zwei großen kurdischen Städten, Diyarbakir und Agri. In Kurdistan wachte das nationale Bewusstsein auf, was die faschistischen und reaktionären Kräfte daran hindern konnte, Fuß zu fassen. Die Gewerkschaftsbewegung wurde stärker, die Volksmassen waren in Bewegung. Wir setzten uns für die Gründung einer Nationalfront ein. Starke Beziehungen zu den revolutionären und demokratischen Kräfte des türkischen Volkes wurden hergestellt.

Anlässlich einer von der Lehrergewerkschaft organisierten Veranstaltung für eine demokratische Bildung unterstützten knapp 40 Gewerkschaften und Verbände, darunter DISK und die Gewerkschaft der türkischen Schriftsteller, die Forderung der Kurden auf das Recht auf Bildung in ihrer Muttersprache. Sie erhoben ihre Stimme gegen die Unterdrückung der Zeitung Roja Welat. Wir hatten bereits Schritte unternommen, um eine demokratische und antifaschistische Front der kurdischen Nationalbewegung, der türkischen demokratischen Kräfte und der türkischen Linksbewegung zu gründen. Wenn dieser Prozess nicht unterbrochen worden wäre, wären der Kampf für die Demokratie in der Türkei und der Befreiungskampf des kurdischen Volkes heute bereits viel weiter.

Angesichts dieser Entwicklungen geriet das Regime in Panik und tat alles mögliche, um diesen Prozess zu unterbrechen. Über faschistische Organisationen, die sowohl verdeckt als auch in aller Öffentlichkeit agierten, wurde dessen Schreckensherrschaft verstärkt. Einige Organisationen der türkischen Linksbewegung sind in die Falle geraten. Schließlich ergriff die faschistische Junta, die konservativste und repressivste Kraft des Systems, die Macht unter dem Vorwand, gegen den Terror, den sie eigens verbreitet hatte, zu kämpfen. Die Militärjunta stürzte sich dann in einen blutigen Kampf gegen die Linksbewegung, die demokratischen Kräfte und die kurdische Nationalbewegung.

Letztere hatten die ganze Tragweite der Pläne des Regimes nicht begriffen. Ihr Fehler war, diese Pläne nicht durchschaut zu haben und in die Terrorfalle geraten zu sein. Denn der Angriff des Regimes hätte durch die Bildung einer breiten Front bekämpft werden können.

Im Namen der PSK haben wir mehrmals die Bildung einer kurdischen Nationalfront einerseits und einer gemeinsamen antifaschistischen Front der Kurden und der Türken gefordert und entsprechende Schritte eingeleitet, was unsere Veröffentlichungen der Jahre vor 1980 beweisen. Ich kann mit bestem Gewissen sagen, dass unsere Partei ihre Pflicht getan und sich verantwortlich verhalten hat.

Obwohl die Gefahr des Faschismus drohte, hatten sich die meisten Organisationen der türkischen Linksbewegung und die meisten kurdischen Organisationen in einen blindwütigen Bruderkrieg gestürzt. Dieses unverantwortliche Verhalten hat eine wichtige Rolle bei der Machtübernahme der Junta und bei den anschließenden erheblichen Verlusten gespielt.

Die bewaffneten Einsätze der türkischen Bewegung, die vom Volk nicht unterstützt wurden, führten zu keinem Ergebnis. Aufgrund ständiger innerer Spaltungen verlor sie allmählich ihren Einfluss und wurde zu einer nebensächlichen Kraft. Die PKK, die sich in den bewaffneten Kampf gestürzt hatte, ohne die Pros und Kontras abzuwägen und ohne die nationalen, regionalen und internationalen Umstände zu berücksichtigen, konnte auch nichts erreichen. Sie musste eine Niederlage hinnehmen und die heutige Enttäuschung erleben. Der Fehler dieser Organisationen war, dass sie den politischen Kampf vernachlässigt, die Macht der Waffen übertrieben und die Fallen des Gegners nicht gesehen haben.

Fehltaktik und Organisation der PKK

Die PKK hat sich nicht nur in einen unzweckmäßigen bewaffneten Kampf gestürzt, sie hat ebenfalls schwerwiegende Fehler in bezug auf die Mittel und Formen des bewaffneten Kampfes gemacht.
Zu den Hauptfehlern der PKK zählt ihre negative Einstellung gegenüber der Gründung einer Nationalfront. Die PKK betrachtete alle anderen kurdischen Organisationen als Kräfte, die mit dem Feind zusammenarbeiteten und daher ein Hindernis für den Befreiungskampf darstellten. Sie behauptete, dass ihre wichtigste Aufgabe darin bestand, die anderen kurdischen Organisationen auszuschalten. Die PKK hat gegen fast alle kurdischen Organisationen und gegen die meisten türkischen Organisationen der Linksbewegung gekämpft. Diese Politik hat zu sinnlosen Verlusten und zu einer Schwächung der kurdischen Bewegung und der türkischen Linksbewegung geführt.

Die PKK erweckte in den letzten Jahren den Eindruck, sie wünsche die Gründung einer Nationalfront. Sie hat sogar einige Schritte in diese Richtung unternommen. Doch ihre eigentliche Absicht war nicht die Gründung einer Front auf der Grundlage demokratischer Beziehungen zu den anderen Organisationen. Sie wollte vielmehr die Bildung eines Bündnisses unter ihrer Vorherrschaft und im Dienste ihrer eigenen Interessen.

Während sie vorgab, die Bildung eines Bündnisses zu unterstützen, hatte sie ihre Politik der Gewalt, der Repression, der Drohung und der Desinformation gegenüber den anderen kurdischen Organisationen nie aufgegeben.

Die PKK hat ebenfalls schwerwiegende Fehler in ihren Beziehungen zu der zivilen Bevölkerung gemacht. Vor dem Putsch im Jahre 1980 hatte ihre Politik zu einem Krieg zwischen den kurdischen Stämmen geführt. Später wiederholte sie ihre Fehler. Wer nicht für die PKK war, wurde als Feind betrachtet. Anstatt sich gegenüber den Dorfschützern, die diese Aufgabe entweder unter Druck oder Androhung von Repressalien oder aus persönlichem Interesse wahrgenommen hatten, entgegenkommender zu zeigen, ging die PKK auf Konfrontationskurs. Bei den Angriffen gegen die Ortschaften der Dorfschützer wurden viele Zivilisten – darunter Frauen und Kinder – getötet. Solche Aktionen haben einerseits die Beziehungen der Dorfschützer zum Staat gestärkt (ganze Stämme wurden zu Dorfschützern) und untermauerten die Theorie der terroristischen Organisation andererseits.

Die Theorie, die PKK sei eine terroristische Organisation, wurde durch gewalttätige Aktionen wie die Ermordung von Zivilisten, darunter Lehrer, Ärzte, Ingenieure, einfache Beamte, verstärkt. Auch ihre gewalttätigen Aktionen im Ausland gegen die kurdische und die türkische Linksbewegung, insbesondere gegen unsere Partei und gegen KOMKAR, sowie gegen ihre früheren Mitglieder, trug noch weiter dazu bei.

Solche Handlungen sind allein dem türkischen Regime zugute gekommen, und das türkische Regime hat für seine Propaganda reichlich davon Gebrauch gemacht. Um der Bevölkerung Furcht einzuflößen und sich aus jeder schwierigen Situation gegenüber der Öffentlichkeit herauszureden, verübte das Regime schreckliche Taten und machte die PKK dafür verantwortlich.

Die schwerwiegenden Fehler der PKK haben die Gründung einer kurdischen Nationalfront, eine aktivere Beteiligung der Massen an dem Kampf und eine wirksamere Unterstützung der friedlichen und demokratischen Kräfte in der Türkei und im Ausland verhindert. Sie haben zu der Isolierung der PKK und der kurdischen Nationalbewegung beigetragen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Fehler die ohnehin geringen Erfolgsaussichten des bewaffneten Kampfes vernichtet haben. Hätten solche Fehler vermieden werden können, wären die PKK und die kurdische Nationalbewegung insgesamt in einer deutlich günstigeren Lage, selbst wenn ein militärischer Sieg gegen das türkische Regime unmöglich bleibt.

Öcalan selbst gab diese Fehler in einer Selbstkritik zu. Er beschuldigte einige Kader seiner Partei, für diese abscheulichen Aktionen verantwortlich zu sein. Was seine Gründe und Absichten auch immer gewesen sein mögen, seine Erklärungen ändern nichts am Ergebnis.

Ein weiterer wichtiger Mangel der PKK war das Fehlen von Demokratie innerhalb der Partei. Die PKK folgte den Anweisungen von Öcalan. Meistens waren die Parteiorgane nur Schau. Zu keinem Zeitpunkt gab es Platz für freie Diskussion innerhalb der PKK. Die Mitglieder durften lediglich Öcalan loben und der befolgten Politik applaudieren. Diejenigen, die es gewagt haben, diese Politik zu kritisieren, wurden des Verrats beschuldigt und strengstens verurteilt. Nur diejenigen, die Reue gezeigt haben, durften ihren Platz innerhalb der Organisation behalten. Dieser Mechanismus führte zu einem richtigen Personenkult zugunsten Öcalans und zerstörte die Persönlichkeit aller anderen Mitglieder.

Die Macht bei der PKK war in der Hand einer einzigen Person. Heute wie gestern entscheidet Öcalan, was richtig und was falsch ist.

Der Beginn eines unzweckmäßigen bewaffneten Kampfes, ihre undemokratische Organisation und ihre verfehlten Taktiken – einige davon haben wir gerade erwähnt – sind sicherlich nicht die einzigen Fehler der PKK. In der Vergangenheit wurde viel über die Umstände der Gründung der PKK, über die Beziehungen, die sie geknüpft hat, über den Einfluss der Staaten auf ihre Politik von der Gründung bis heute und auf die sich daraus ergebenden Folgen gesagt.

Heute noch könnte viel darüber gesagt werden. Es sind äußerst wichtige Punkte. Um nicht zu sehr vom Thema abzuweichen und aufgrund der derzeitig empfindlichen Situation möchte ich jedoch diese Punkte heute nicht ausführlicher behandeln.

Alles ist übrigens so klar und offensichtlich, dass keine weiteren Erläuterungen notwendig sind, für den, der sehen will. Was die anderen angeht, die sich geschworen haben, der Realität nicht in die Augen sehen zu wollen, ist sowieso jede Mühe umsonst und jedes weitere Wort Zeitverschwendung.

Standhafte, permanente und selbstlose Arbeit

Ich habe soeben die Richtlinien der Politik unserer Partei seit ihrer Gründung beschrieben. Wir glauben an die Richtigkeit dieser Politik, die sich in den letzten 25 Jahren bewiesen hat. Wir sind sehr stolz darauf.

Im Kriegszustand, wenn sich die Gesellschaft im Verhältnis zu den am Konflikt beteiligten Streitkräften gespalten ist, ist es in sich eine Leistung, eine Organisation wie unsere überhaupt am Leben zu erhalten. Trotz des schonungslosen Terrors, der bereits vor dem Putsch von 1980 herrschte und nur noch schlimmer wurde, sind wir den Weg, den wir für richtig halten, weitergegangen.

Diesen Erfolg verdanken wir dem Kampf, den wir seit 25 Jahren unbeirrt und unseren Prinzipien folgend führen.

Wie bereits erwähnt, ist unsere Organisation vor dem Militärputsch von 1980 in solchen Bereichen wie Presse und Propaganda sehr aktiv gewesen. Dank unserer Organisationsarbeit konnten wir feste Beziehungen zu den Volksmassen knüpfen. Nach dem Putsch wurde unsere Partei schwer angegriffen und hat mehrere harte Schläge hinnehmen müssen. Wir haben jedoch nie mit der Organisationsarbeit aufgehört. Im Gefängnis, in unserem Land und im Exil haben wir unseren Kampf unermüdlich weitergeführt.

Die Genossen, die von der Militärjunta festgenommen wurden, haben der Folter im Gefängnis und bei den Gerichtsprozessen mit großem Mut standgehalten. Viele wurden zu Tode gefoltert.

Einige Genossen, dazu gehörte ich, haben auf Anweisung der Partei das Land verlassen. Wir haben jedoch den Kampf nie aufgegeben und unermüdlich weitergemacht. Gemeinsam mit den Genossen und Anhängern, die wir im Ausland trafen, arbeiteten wir mit aller Kraft daran, das türkische Regime auf internationaler Ebene anzuprangern und zu isolieren. Dadurch wollten wir auch unsere Wunden heilen und den organisierten Kampf in Kurdistan anfachen.

Es ist nicht einfach, unter den schwierigen Exilbedingungen den Kampf jahrelang weiterzuführen. Wir haben es getan.

Unser Beitrag in den Veröffentlichungen im Ausland war bedeutend. Wir haben ebenfalls mit der Veröffentlichung unseres Zentralpresseorgans, Riya Azadi, begonnen, das wir in das Land heimlich eingeführt und verteilt haben.

Unsere Partei, die Verbände und Frauen- und Jugendorganisationen, die uns nah stehen, veröffentlichen zahlreiche Zeitschriften, Zeitungen und Bulletins in türkischer und kurdischer Sprache sowie in anderen Sprachen in unserem Land und im Ausland. Zahlreiche Bücher und Broschüren über den kurdischen Befreiungskampf, über die Geschichte, die Sprache und die Kultur der Kurden wurden von etwa zehn Verlagshäusern veröffentlicht.

Die Organisationsarbeit, die wir in diesen 25 Jahren in unserem Land und im Ausland, legal oder illegal, im politischen und demokratischen Bereich sind vielseitig und fruchtbar. Wir haben Hunderte von öffentlichen Veranstaltungen und Seminaren mit politischem und kulturellem Inhalt organisiert. Allein oder mit anderen befreundeten Organisationen haben wir in unserem Land und im Ausland Hunderte von Protestaktionen gegen das türkische Regime veranstaltet. So verkündeten wir die Forderungen des kurdischen Volkes und demonstrierten für den Frieden und die Demokratie.

Um diese politischen und kulturellen Veranstaltungen, diese Demonstrationen und Kundgebungen zu organisieren, haben wir ständig, systematisch und nach Plan gearbeitet. Die Energie und die Selbstlosigkeit unserer Genossen und Sympathisanten haben den Erfolg dieser Veranstaltungen gesichert. Ich möchte meine Kameraden, unsere Anhänger und all diejenigen, die uns unterstützt haben, hier danken.

Auf der internationalen Ebene hat unsere Partei eine nicht unerhebliche Leistung erbracht. Wir haben wertvolle Beziehungen aufgebaut. Wir haben in zahlreichen Ländern Gespräche mit Regierungsvertretern, Abgeordneten und politischen Parteien organisiert. Dreimal wurde ich zum europäischen Parlament eingeladen, wo ich über die kurdische Frage referiert habe.

Die Genossen und ich haben an zahlreichen internationalen Konferenzen teilgenommen, um unseren Standpunkt über die kurdische Frage und die Forderungen unseres Volkes zu erläutern. Wir haben zwei internationale Konferenzen über die kurdische Frage selbst organisiert.

Diese Aktivitäten haben weitgehend dazu beigetragen, die kurdische Frage auf internationaler Ebene bekannt zu machen sowie Sympathien und Unterstützung für den Kampf unseres Volkes zu gewinnen, manchmal sogar dem kolonialistischen Regime ernsthafte Schwierigkeiten zu bereiten.

Ich kann mit Stolz sagen, dass unsere Partei eine wirksame und intensive Arbeit in diesem Bereich geleistet hat, wie keine andere kurdische Organisation es geschafft hat.

Genossen, aus all diesen Gründen hat unsere Partei großen Einfluss auf der politischen Bühne Kurdistans und genießt einen guten internationalen Ruf. Doch dies steht weder in einem Verhältnis zum Anzahl ihrer Mitglieder, noch zu den finanziellen Mitteln und den Propagandamöglichkeiten, die ihr zur Verfügung stehen. Dieses Ansehen verdanken wir allein der Richtigkeit unserer Politik und unserem unermüdlichen Einsatz.

Nationale und internationale Hindernisse des Befreiungskampfes

Politische Polarisierung im Verhältnis zu Gewalt und die Frage der Alternativen

Zudem stellen wir fest, dass es nicht ausreicht, die richtige Politik zu betreiben und unermüdlich zu kämpfen, um seine Ziele zu erreichen.

Ob wir unsere Ziele erreichen, hängt selbstverständlich nicht nur von unserem Kampf bzw. von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit unserer Politik ab. Dies gilt für alle anderen Organisationen. Denn wir sind nicht die einzigen Akteure auf dieser Bühne. Ob wir unsere Ziele erreichen, hängt von der Situation ab, in welcher sich die gesamte kurdische Bewegung und der allgemeine Kampf befinden. Es hängt von den gesamten objektiven und subjektiven Bedingungen ab. Wir kennen die objektiven Bedingungen; sie sind äußerst ungünstig. Wir Kurden kämpfen unter der Herrschaft von vier Staaten; uns wird eine starke internationale Unterstützung verwehrt. Zu diesen Nachteilen müssen wir noch die Fehler und Mängel der kurdischen Nationalbewegung hinzufügen. Die Unterentwicklung der kurdischen Gesellschaft und die feudalen Strukturen und Beziehungen, die wir aus unserer Vergangenheit geerbt haben stehen der nationalen Einheit im Wege. Der Mangel an Erfahrung im Bereich der Organisationsarbeit und der Mangel der demokratischen Werte bilden ebenfalls Hindernisse auf dem Weg der kurdischen Nationalbewegung.

Die feudalistischen bzw. prä-feudalistischen Strukturen (Stämme, Religion, Regionalismus, die Macht der Aghas und der Scheichs) und die sich daraus ergebenden Werte und Lebensweisen stellen ein Hindernis für die Erzielung der nationalen Einheit dar. Die Gewohnheiten und Werte der Gesellschaft spiegeln sich im politischen Leben und in den Organisationsaktivitäten wider. Wenn sich das Gesellschaftsleben und die demokratischen Beziehungen in unserer Gesellschaft entwickelt hätten, wäre es leichter gewesen, die kurdische Nationalbewegung zu organisieren, starke und moderne Parteien zu gründen und die Union zu bilden.

Diese feudalistische Struktur und die Stammeswerte sind so stark, dass sie zur Rückentwicklung des politischen Lebens führen. Unter solchen Umständen werden die politischen Parteien zu Sekten und die politischen Führer zu Idolen.

Wir können die jetzige Lage, einschließlich der Lage unserer Partei, nicht erklären, ohne die internen und externen Schwierigkeiten und die Gesamtheit der objektiven Bedingungen zu berücksichtigen, denen der Befreiungskampf ausgesetzt ist.

Im allgemeinen urteilen jedoch die meisten Leute nach dem Ergebnis und der gegenwärtigen Situation. Viele, heute wie gestern, fragen „Was tun Sie denn?" oder „Warum haben Sie keine Alternative ausgearbeitet?".

Ich denke, dass wir wohl eine Alternative ausgearbeitet haben; diese jedoch konnte sich unter den wirren Umständen, die in der Türkei und in Kurdistan herrschen, nicht entwickeln.

Wir haben jahrelang für die Bildung einer Nationalfront in Nord-Kurdistan und die Gründung einer demokratischen Front der türkischen und kurdischen Kräfte gearbeitet. Wenn es uns gelungen wäre, hätte das Schicksal beider Völker ganz anders aussehen können. Jedoch hing die Bildung dieser Fronten nicht nur von uns ab.

Wir haben auch für die Bildung eines Kongresses gearbeitet, in dem sich die Organisationen der vier Teile Kurdistans zusammengeschlossen hätten. Aus Gründen, die nicht von uns abhingen, sind diese Arbeiten zu keinem Ergebnis gekommen.

Das Ziel unserer Politik bestand darin, Anhänger zu gewinnen, die den Kampf des kurdischen Volkes unterstützen. Durch ihre unverantwortlichen Handlungen haben jedoch gewisse Personen bereits bestehende freundschaftliche Beziehungen zerstört und das Ansehen der kurdischen Nationalbewegung geschädigt.

Wir haben die Umstände in unserem Land richtig analysiert und die anderen Organisationen gewarnt, sowohl in bezug auf mögliche abenteuerliche Versuche als auch auf die vom Regime aufgestellten Fallen. Wenn sich die anderen fortschrittlichen und demokratischen – kurdischen und türkischen – Organisationen ebenfalls so verantwortlich und weitsichtiger verhalten hätten, hätten wir die Pläne des Regimes zusammen vereiteln können. Dann wären zweifellos der Kampf für die Demokratie und den Sozialismus in der Türkei und der Befreiungskampf des kurdischen Volkes ihren natürlichen Weg weitergegangen, hätten solche Fehler vermieden, und die heutige Situation würde ganz anders aussehen. Die Engstirnigkeit, die Abenteuerlust, der Mangel an Verantwortung und der selbstmörderische Bruderkrieg, die bei der türkischen Linksbewegung und bei der kurdischen Nationalbewegung verbreitet waren, haben dem Regime ermöglicht, seine Pläne durchzuführen.

Das Regime hat die Handlungen der PKK benutzt und alle seine Projekte in bezug auf Kurdistan durchgeführt. Tausende von Dörfern wurden mit Gewalt evakuiert, Millionen Kurden wurden deportiert. Die ländlichen Regionen des Kurdistan wurden evakuiert. So konnte das Regime die Bevölkerung einschüchtern.

Das politische Gleichgewicht in der kurdischen und türkischen Gesellschaft bildete sich im Verhältnis zu dem schmutzigen Krieg. Eine entsprechende Polarisierung fand statt. In der türkischen Gesellschaft, während die friedlichen, demokratischen und sozialistischen Kräfte einen Rückgang verzeichneten, verstärkten sich Chauvinismus und der Militarismus. In der kurdischen Gesellschaft verloren Parteien, die wie unsere Partei auf dem politischen Kampf bestanden und die kurdische Frage auf dem friedlichen Weg lösen wollten, an Einfluss. Die PKK, die die Gewalt als Kampfmittel gewählt hatte, wurde stärker. Unsere Warnungen und die derjenigen, die in beiden Gesellschaften ähnlich wie wir dachten, wurden in einem solchen chaotischen Umfeld nicht gehört.

Kurz, wir sind für die jetzige Situation nicht verantwortlich. Wir sind gerne bereit, über diese letzten 25 Jahre Bericht zu erstatten. Andererseits muss auch jede Organisation und jede Persönlichkeit, die in diesen letzten 30 bis 40 Jahren eine politische Rolle in Kurdistan und in der Türkei gespielt haben, eine Selbstbilanz ziehen. Was haben sie getan, um die Demokratie wiederherzustellen, den Faschismus zu verhindern und die Pläne des Regimes zu durchkreuzen? Welche Politik haben sie unterstützt, mit welchem Ergebnis?

Dies muss geschehen, um aus der Vergangenheit zu lernen und dieselben Fehler nicht zu wiederholen, um den richtigen Weg zu finden und die richtige Politik zu unterstützen.

Die Politik in Kurdistan und in der Türkei steht an einem Wendepunkt

Seit einem Jahr erfährt die Politik in der Türkei und in Kurdistan tiefgreifende Veränderungen. Wir nähern uns einem neuen Wendepunkt. Nach 15 Jahren des blindwütigen Kampfes erblicken wir endlich das Licht.

Wir sind an das Ende des bewaffneten Konflikts, den die PKK durch ihre Aktionen im August 1984 ausgelöst hatte, gekommen, der sich über die Jahre in einen schmutzigen Krieg gewandelt hatte. Anfangs sind diese Aktionen der Auslöser gewesen, später führten die strenge Repression und die Unterdrückung durch den türkischen Staat zu einer explosiven Situation in Kurdistan. Aus diesem Grund und trotz des sehr negativen Rufs der PKK zeigte die Bevölkerung Sympathie für diese Aktionen und gewährte der PKK eine begrenzte Unterstützung. Mit der Zeit verstärkte sich diese Unterstützung. Viele glaubten an einen schnellen Sieg der PKK. 15 Jahre später mussten jedoch die PKK und diejenigen, die ihre Hoffnung in sie gesetzt hatten, der bitteren Realität ins Auge sehen.

Die jetzige Situation kommt für uns nicht überraschend. Wir hatten uns keine Illusionen gemacht. Wir hatten mit einem ähnlichen Ausgang gerechnet.

Die kurdische Bevölkerung musste jedoch einen hohen Preis dafür zahlen. Zu der Zerstörung, der Verfolgung, der Deportation und dem immensen Leid kommt hinzu, dass das kurdische Volk in seinem Befreiungskampf 20 Jahre verloren hat. Bis zur Wiedergutmachung der erlittenen Schäden und Heilung der Wunden werden Jahre vergehen.

Die PKK: von einem Fehler zum nächsten

Hat die PKK allerdings wirklich verstanden, dass ihre Politik, die Form und die Mittel des Kampfes die falschen waren? Wird sie ab jetzt die richtige Politik folgen?

Anscheinend nicht. Denn die PKK geht von einem Fehler zum nächsten.

Wir sind nicht gegen den Verzicht der PKK auf den bewaffneten Kampf. Im Gegenteil, da sich nun bestätigt hat, dass mit dem bewaffneten Kampf keine Ergebnisse zu erzielen sind, schadet der Verzicht auf den bewaffneten Kampf (besser spät als nie) dem Befreiungskampf des kurdischen Volkes nicht. Der Verzicht auf den bewaffneten Kampf liegt im Interesse unseres Kampfes.

Öcalan und die PKK verzichten jedoch nicht nur auf den bewaffneten Kampf. Wenn es darum ginge, den bewaffneten Kampf aufzugeben, um den Kampf auf der politischen Ebene weiterzuführen, gäbe es keine Probleme. Nach seiner Festnahme bot jedoch Öcalan dem türkischen Staat, diesem Regime, welches das kurdische Volk gnadenlos unterdrückt, seine Dienste sofort an. Bei seinem Prozess hat er nicht die richtige Sache und die legitimen Forderungen des kurdischen Volkes verteidigt.

Öcalan lehnt die föderalistische Lösung ab. Er lehnt sogar die Autonomie für die Kurden ab, eine Lösung, die er empfohlen hatte, als er sich in Italien aufhielt. Er betrachtet diese beiden Lösungen als überflüssige reaktionäre Forderungen.

Er wird nicht müde, den Kemalismus zu loben, das ideologische Werkzeug des Regimes überhaupt, mit seiner repressiven und chauvinistischen Politik, die darin besteht, die Existenz des kurdischen Volkes zu leugnen.

Er bezeichnet die historischen Aufstände des kurdischen Volkes als reaktionär.

Öcalan erklärt, „persönlich im Dienste des türkischen Staates zu sein", und diese Aufgabe „mit Stolz" zu erfüllen. Er fordert alle Kurden auf, ihn nachzuahmen und den türkischen Staat zu unterstützen.

Öcalan erklärt, dass er im Sinne der sogenannten „demokratischen Republik", für den Frieden und für eine Lösung der kurdischen Frage handelt.

Die PKK ihrerseits ist mit allen Erklärungen von Öcalan einverstanden. Sie folgt dem Weg, den Öcalan ihr zeigt. Die PKK arbeitet verbissen daran, der kurdischen Öffentlichkeit die neuen Visionen ihres Parteiführers verständlich zu machen!

Eine solche traurige Situation ist in der Weltgeschichte der revolutionären Kämpfe beispiellos. Viele, insbesondere diejenigen, die ihre Hoffnung auf Öcalan gesetzt hatten, sind von diesen tiefgreifenden Veränderungen überrascht und halten sie für unglaublich. Wahrscheinlich sind sie unter Schock. Aufgrund dieser Enttäuschung werden sie möglicherweise jede politische Aktivität einstellen oder sich der „neuen" Politik von Öcalan und der PKK anschließen, sich in den Dienst des Regimes stellen.

Andere behaupten: „wenn der Vorsitzende solche Erklärungen abgibt, muss er gute Gründe haben".

Es wird viel über den Begriff „demokratische Republik" spekuliert. Auch wir sind für die Demokratisierung der Türkei. Auch wir wollen das Militärregime, diesen Polizeistaat, durch eine demokratische Republik ersetzen. Diese Schritte allein werden nicht ausreichen, um die kurdische Frage zu lösen und die Forderungen des kurdischen Volkes zu erfüllen. Wenn man unter „demokratische Republik" ein föderalistisches System verstehen würde, das auf der Gleichheit beider Völker basieren würde, würden wir einen solchen Vorschlag unterstützen. Öcalan lehnt jedoch die föderalistische Lösung und die Autonomie ab. Der Begriff „demokratische Republik", der in letzter Zeit ein richtiges Zauberwort für die Anhänger der PKK geworden ist, ist in Wirklichkeit nur eine leere Formel, die dazu dient, die Mitglieder der PKK und die kurdische Bevölkerung zu täuschen.

Lange bevor die PKK auf die Idee kam, wollten wir eine friedliche Lösung und die Schließung eines Kompromisses zwischen beiden Parteien. Wir wurden aus diesem Grund von der PKK hart kritisiert. Der Frieden und die Demokratie für die Kurden ist jedoch nur auf der Grundlage einer gerechten Lösung der kurdischen Frage möglich.

Der Verzicht auf die legitimen Forderungen der Kurden kann keinesfalls die Voraussetzung und der Preis des Friedens sein. Wenn die PKK zu dem Schluss gekommen ist, dass der bewaffnete Kampf eine Sackgasse ist, die zu keinem Erfolg geführt hat, wie es wirklich der Fall ist, dann kann sie auf den bewaffneten Kampf verzichten. Der Kampf für die Gleichheit und die Freiheit muss jedoch mit anderen Mitteln weitergeführt werden.

Wir stehen für eine gerechte Sache.

Der Kampf für die Freiheit wird bis zum Sieg fortgeführt.

Die Lage, in der sich Öcalan und die PKK befinden, hat uns nicht überrascht. Bei uns macht sich die Enttäuschung nicht breit. Wie in der Vergangenheit verfolgt die PKK ihre Politik. Heute wie gestern denken wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir kämpfen für die Befreiung des kurdischen Volkes, für die Gleichheit und die Freiheit. Wir stehen für eine gerechte Sache.

Dieser Kampf wird seit Jahrhunderten geführt. Er hat Höhen und Tiefen erfahren. Unser Volk hat sehr schwierige Zeiten mitgemacht. Der Kampf jedoch hat nie aufgehört. Er wird bis zum Sieg fortgeführt.

Es ist unsere Pflicht, die Hoffnung nicht zu verlieren und in schwierigen Zeiten dem Volk den Weg zu zeigen. Im Frühling 1975, kurz nach der Gründung unserer Partei, hatte die kurdische Befreiungsbewegung im Irak die Waffen niedergelegt. Bei den Kurden herrschte in allen Teilen Kurdistan eine herbe Enttäuschung.

In einem Artikel der ersten Ausgabe der Zeitschrift Özgürlük Yolu schrieben wir, dass „die Niederlage des kurdischen Volkes aufgrund der fehlenden Unterstützung, der schwierigen Bedingungen und der Fehler der Führung keinesfalls bedeutet, dass alles zu Ende ist. Nur diejenigen, die die Geschichte nicht kennen und an die Kraft des Volkes nicht glauben, können das Gegenteil denken".

Kurz danach entwickelte sich der Kampf in Nord-Kurdistan und Ost-Kurdistan. Die Nationalbewegung organisierte sich wieder sehr schnell, einschließlich im irakischen Teil Kurdistans.

Heute sind wir derselben Ansicht. Das Regime, das Öcalan Unterkunft in Imrali bietet und ihm und der PKK seine Willen diktiert, darf sich nicht zu früh freuen. Die kurdischen Patrioten brauchen sich nicht zu fürchten. Das Schicksal des kurdischen Befreiungskampfes hängt nicht von einer Organisation oder einer Person ab. Es geht um die Freiheit einer Nation mit Jahrtausendalten Wurzeln. Wir werden gewinnen.

Dafür muss der Kampf fortgesetzt und Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit gezogen werden. Dies ist die Aufgabe der kurdischen Bewegung.

Eine friedliche und gerechte Lösung der kurdischen Frage

Eine neue Phase unseres Kampfes fängt jetzt an. Wenn wir es schaffen, aus den Erfahrungen zu lernen, können wir die jetzige Situation zugunsten des Kampfes des kurdischen Volkes umdrehen. Es hat sich herausgestellt, dass Gesellschaftsprobleme nicht durch Gewalt gelöst werden können. Dies gilt für die PKK und für das türkische Regime.

Das Regime hoffte, durch den Terror die kurdische Frage lösen zu können, und scheiterte. Die kurdische Frage ist zu einer internationalen Frage geworden. Das türkische Volk hat in diesem schmutzigen Krieg viel verloren. Unter dem Vorwand, den Terrorismus zu bekämpfen, drängte das Regime die Bevölkerung in die Armut und raubte ihr die Freiheit. Die Verluste der türkischen Wirtschaft sind beträchtlich. Die Wirtschaft ist vom Drogenhandel abhängig geworden. Die organisierten Banden, ein Produkt des schmutzigen Krieges, wüten im ganzen Land. Die Gewalt und die Korruption haben sich in der Gesellschaft weitgehend verbreitet. Die Türkei hat sich noch ein bisschen mehr von der zivilisierten Welt entfernt. Sie kann ihren Platz in der internationalen Gesellschaft nicht finden, solange die kurdische Frage nicht gelöst wurde.

Um die jetzigen Probleme zu lösen, sind neue Ansätze auf allen Seiten vonnöten. Unsere Partei fordert seit Jahren eine friedliche Lösung durch den Dialog. Eine solche Lösung zu erzielen ist nicht leicht. Das Regime, nachdem es die PKK bezwungen hat, denkt sicherlich, den Sieg errungen und die kurdische Frage somit geregelt zu haben. Aus diesem Grund wird es keine Zugeständnisse in der kurdischen Frage machen. Wir erwarten übrigens keine positiven Ansätze seitens eines rassistischen Militärregimes. Durch eine organisierte, hartnäckige und massive Politik können wir es jedoch dazu bringen.

Die kurdische Bewegung wird sich unvermeidlich auf die politischen friedlichen Formen des Kampfes konzentrieren. Es wird daher für das Regime schwieriger werden, auf ihren früheren Methoden zu beharren. Das Regime wird die Repression, den Entzug von Rechten und Freiheiten und die extreme Aufrüstung nicht mehr durch die Aktionen der PKK rechtfertigen können. Es wird die Öffentlichkeit nicht mehr täuschen können. Bei diesem neuen Prozess werden die friedlichen und demokratischen Kräfte der türkischen Gesellschaft stärker werden. Im Gegensatz zu der nun abgeschlossenen Phase wird die Zusammenarbeit zwischen den demokratischen Kräften beider Völker wachsen.

Die Aufgaben dieser neuen Phase des Kampfes

Auf der kurdischen Seite ist es die Pflicht aller Organisationen und patriotischen Persönlichkeiten, die Bedeutung dieser neuen Phase zu verstehen, ohne sich in engstirnigen Streitigkeiten zu verlieren oder den Mut zu verlieren. Wir müssen uns davor hüten, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen und dafür sorgen, dass die kurdische Nationalbewegung zusammenarbeitet.

Weder Kapitulation noch Abenteuer. Die kurdischen Kräfte müssen den Weg des organisierten politischen Kampfes gehen und sich auf die Bevölkerung verlassen.

Die PSK wird sich weiterhin ihrer Verantwortung bewusst sein und ihren Grundsätzen treu bleiben. Heute wie gestern hängt jedoch der Sieg nicht nur von uns ab. Jede Gruppe und jede Person, die auf der kurdischen politischen Bühne aktiv ist und den Kampf fortsetzen will, hat Verpflichtungen. Wir müssen alle zusammenhalten, um den Mut nicht zu verlieren und eine stabile Organisation der Bewegung zu ermöglichen und den Kampf wieder aufzunehmen. Wir müssen unsere Energie, unsere Kräfte und unsere Erfahrungen bündeln.

Als PSK sind wir bereit, in einer politischen Partei mit all denjenigen zusammenzuarbeiten, die mit unserem Programm und unseren Zielen einverstanden sind. Wir stehen einer gemeinsamen Arbeit und der Bildung einer Union mit den anderen kurdischen Organisationen, mit denen wir über einzelne Punkte Meinungsverschiedenheiten haben, offen gegenüber. Wir erwarten von ihnen eine ähnliche konstruktive Haltung.

Wenn wir die Vorurteile, die Parteiinteressen, den persönlichen Neid und die Eifersucht unter uns abschaffen, müssen wir Mittel und Wege finden, die eine Zusammenarbeit ermöglichen. Denn die Bildung einer stabilen Union und die Mobilisierung der Bevölkerung für die gemeinsamen Ziele kann nur durch Toleranz und Kompromissbereitschaft erzielt werden.

Wenn die eine Aufgabe der kurdischen Bewegung ihre Neustrukturierung ist, besteht die andere darin, den Kampf nach den konkreten Gegebenheiten unseres Landes zu führen.

Solange das Regime keine Fortschritte in bezug auf Demokratie, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit gemacht hat, was heute nicht der Fall ist, werden wir den Kampf sowohl mit legalen als auch mit illegalen Mitteln weiterführen.

Es ist nun die Pflicht der kurdischen Nationalbewegung, die Formen und Mittel des gemeinsamen Kampfes zu schaffen, nicht in dem vom türkischen Regime vorgegebenen Rahmen sondern in einem Rahmen, der den nationalen Interessen des kurdischen Volkes entspricht.

Die Veröffentlichung einer Tageszeitung und die Gründung einer legalen Partei, in der so viele patriotische Kräfte wie möglich vertreten sind, sind von besonderer Bedeutung. In diesen Bereichen sind wir bereit, unsere Verpflichtungen einzugehen. Wir können in derselben Zeitung schreiben oder in einer legalen Partei zusammen mit anderen patriotischen Kräften aktiv sein. Dafür sind lediglich Pluralismus und demokratische Beziehungen notwendig.

Zu Beginn des Jahres 2000

Wir nähern uns dem Beginn des Jahres 2000. Diese historische Stunde erleben zu dürfen ist in sich ein Glück. Noch wichtiger ist es jedoch, die Stunde als freies Individuum und freies Volk mit einem zeitgemäßen Bewusstsein zu erleben. Es ist leider nicht der Fall in unserer Gesellschaft. Das türkische Regime hat die türkischen und kurdischen Völker und alle, die in der Türkei leben, um dieses Glück gebracht.

Wie alle anderen undemokratischen Länder ist die Türkei noch weit von der zivilisierten Welt entfernt. Es ist ein Land, wo Folter, Gewalt und Angst herrschen. Trotz ihrer reichlichen Ressourcen und der außerordentlichen Schönheit ihrer Landschaften ist die Türkei ein Land, in dem die Bevölkerung mit der Armut, der Arbeitslosigkeit und vielen anderen Problemen zu kämpfen hat. Das Regime beraubt die Bevölkerung der Freiheit, der Arbeit und der Bildung. Es hindert die Völker daran, in Freiheit und Gleichheit friedlich zusammen zu leben. Es unterdrückt das kurdische Volk und demonstriert seine Stärke den Nachbarländern gegenüber.

Was für eine Verschwendung am Beginn dieses Jahres 2000!

Im Laufe der letzten Jahrhunderte wurde die Menschheit Zeuge einer außerordentlichen wissenschaftlichen und technischen Entwicklung, tiefgreifender Revolutionen und sozialer Veränderungen. Was die Zukunft bringen wird, können wir heute nur ahnen. Heute schon beobachten wir die Vorläufer tiefgreifender Veränderungen im Bereich der Medizin, der Biologie, der Kommunikation und der Raumfahrt.

In diesem neuen Jahrtausend wird die Menschheit Zeuge noch tiefer greifender Veränderungen sein. Diese Veränderungen werden sich nicht nur auf Wissenschaft und Technik begrenzen. Sie werden auch das Gesellschaftsleben betreffen. In den kommenden Jahrhunderten wird die Menschheit der Armut, der Arbeitslosigkeit, dem Obdachlosenproblem und der Unbildung ein Ende bereiten. Sie wird die demographische Entwicklung beherrschen. Sie wird der Freiheit und der Gleichheit sowie den anderen Werten des Sozialismus näher kommen. Sie wird den Krieg endgültig beenden und den Weltfrieden einleiten. Kurz: ich denke, dass die Menschheit in den nächsten Jahrhunderten den Archaismus besiegen wird.

Bei dieser historischen Jahrtausendwende, am Beginn des Jahres 2000, können wir als Partei auf ein Vierteljahrhundert des Kampfes für die Befreiung des kurdischen Volkes, für die Demokratie und für den Sozialismus zurückblicken.

Aufgrund des Erreichten haben wir ein ruhiges Gewissen; wir sind auch stolz darauf. Ich gratuliere allen, die den Kampf unterstützt haben. Ich verbeuge mich vor denen, die ihr Leben in dem Kampf verloren haben.

Unsere Aufgabe ist jedoch nicht zu Ende. Solange wir leben und unsere Energie es erlaubt, müssen wir das Zeichen zum Kampf geben und die Fahne an die zukünftigen Generationen weiterreichen. Heute noch fordert der Kampf für die Freiheit eine starke Selbstlosigkeit und harte ständige Arbeit.

Unserer Partei wünsche ich Erfolg bei dieser gerechten Sache.

Es lebe unser Kampf für die Befreiung unseres Volkes, für die Demokratie und den Sozialismus!

Es lebe die Sozialistische Partei Kurdistan!

 

PSK Bulten © 2001