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Die Yeziden im neuen Irak  

Dilgesh Isa
Göttingen, 28.07.2005
dilges@arcor.de

Die yezidische Gemeinschaft gehört zu den religiösen Minderheiten im Irak. Ihre Siedlungsgebiete sind auf zwei Provinzen im Irak verteilt, in Mossul/Nineve in der Sindjarregion und in der kurdischen Provinz Duhok in und um den Bezirk Shaikhan.

Sie sprechen kurdisch und praktizieren ihre Rituale dementsprechend auch auf ihre Muttersprache kurdisch/kurmandji.

Die yezidische Religion ist eine uralte Religion des Orients, die über jahrhundert lang ihre Rituale und Kulten geheim praktizierte. Erst in den letzten Jahrzehnten schaffte die Religion allmählich sich der Öffentlichkeit zu öffnen. Bis dahin blieb sie mehr oder weniger der Außenwelt verborgen.

Die yezidische Religion kann man als eine eigenständige Gemeinschaft betrachten, den sie besteht nicht nur aus religiösen Kulten, Ritualen und Zeremonien, sondern auch Sitten und Traditionen, die sie über Jahrhunderte lang bewahrt hat.

Es wäre daher nicht falsch zu behaupten, die Yeziden seien die wahren Pfleger der kurdischen Kultur und Tradition.

Seit dem Sturz des faschistischen Baath- Regime unter dem Diktatur Saddam Hussein am 09.04.2003 haben sich viele Veränderungen im Irak vollzogen. Es haben sich viele politische Parteien und Organisationen gebildet, und oder alte Parteien haben dank der neuen Lage im Irak ihre Arbeit an die Öffentlichkeit austragen können um Anteil an die Gestaltung des neuen Iraks „ Der Irak der Iraker“ und nicht der Irak des Saddam Diktatur, zu nehmen.

Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes haben sich ein viel Zahl an Parteien und Organisationen ohne Angst und Furcht an die ersten freien Wahlen im Irak am 30.01.2005 beteiligt. Das nach den Wahlen frei gewählte Parlament hat nun die Aufgabe bis 15. August 2005 eine neue Verfassung für den Irak auszuarbeiten, über die die Bevölkerung am 15. Oktober in einem Referendum abstimmen soll. Stimmt die Mehrheit für den Verfassungsentwurf, sollen die Bürger des Landes Ende 2005 ein ständiges Parlament wählen.

Da die Yeziden ein Teil des irakischen Volkes sind, und eine eigenständige Gemeinschaft bilden, so müssen auch ihre Werte und Normen und Eigentümlichkeiten bei der Ausarbeitung der neuen irakischen Verfassung beachtet werden. Damit die Yeziden dieses Ziel erreichen, müssen sie sich aktiv an die Ausarbeitung der Verfassung beteiligen und ihre Wünsche bei der Regierung in Bagdad und aber auch der Regierung in Kurdistan melden.

Zu dem sind alle Yeziden der Welt aufgerufen ihren Beitrag zur Unterstützung der Zielen und Wünschen der Yeziden im Irak zu leisten.

Mitte dieses Monates, am 16.07.2005 versammelten sich die Exil-Yeziden in Deutschland und den europäischen Nachbarländern unter der Schirmherrschaft des Weltlichen Oberhaupt der Yeziden, Tahsin Seid Beg, um miteinander über ihre Forderungen an dem irakischen Versammlungsrat/Verfassungskomitee und des Kurdischen Parlament/Verfassungskomitee des Bundeslandes Kurdistan zu beraten. Am Ende der in den Räumen des yezidischen Vereins „Yezidisches Forum“ in Oldenburg stattfindenden Versammlung wurden die Endfassungen zweier Memoranden den Teilnehmern vorgetragen. Diese beiden Bitt-bzw. Forderungsschriften werden dann von den Vertretern der Yeziden an die beiden Verfassungskomitees in Bagdad und Hewler/Kurdistan ausgehändigt. Über den Inhalt der Schriften waren sich alle anwesenden Yeziden einig, sie wurden schließlich von deren Weltlichen Oberhaupt unterschrieben. Dennoch wurden Stimmen laut, besonders seitens der Juristen; sie bemängelten neben der nicht gut gedachten Organisation, die nicht-juristische Schreibweise der Memoranden, und schlugen vor drei zusätzliche Forderung zu den Schriften hinzuzufügen. Im Großen und Ganzen ist der Konferenz mit einem guten Ergebnis raus gekommen. Die Texte der beiden Memoranden sind am Anhang angefügt.

Die Frage die sich jetzt jedoch stellt ist die, in wie weit werden wohl die Forderungen der Yeziden nach mehr Gerechtigkeit, Gleichheit und Rücksicht von den beiden Verfassungskomitees in Bagdad und Hewler wahrgenommen? Die Zeit bis zur Ausarbeitung der Endfassung der Verfassung für den ganzen Irak ist knapp, am 15.August muss die Endfassung dem Parlament vorgelegt werden.

Ein erstes positives Zeichen gab es schon während der oben genannten Versammlung, denn dort wurde die Errichtung des Staatspostens „Berater  des irakischen Präsidenten für yezidische Angelegenheiten“ verkündet. Der seit ca. 10 Jahre in Deutschland ansässige yezidische Intellektuelle Mirza Dinnay wurde für dieses Posten ernannt. Die Forderungen der Yeziden sind jedoch grundlegender, sie sind größer und wichtiger als solch einen  Staatsposten.

Denn man kann mit großer Sicherheit behaupten, dass die Yeziden im arabisch-islamischen Raum seit ihrer Existenz keinen rechtlichen Status genossen haben. Seit der Beginn der Herrschaft des Islams in Mesopotamien, ab Mitte des 7.Jh. n.Chr. wurde die yezidische Religion als Nicht-Buchreligion brandmarkt.  Dessen Anhänger wurden Jahrhunderte lang unterdrückt und deren Heiligtümer zerstört und geschändet; der yezidischen Gemeinschaft wurde jeglicher rechtlicher Status untersagt. Diese ungerechte und unmenschliche Politik hat die Yeziden unter anderem dazu geführt sich gegenüber der Außenwelt in ihren teilweise gebirgigen Siedlungsgebieten einzuschließen.

Auch nach Zerfall des großen islamischen Reiches und die Folgedynastien, und Beginn der Staatsbildungen im Orient Anfang des 20.Jh., haben die Herrscher ihre Politik gegenüber der yezidischen Religion und anderen religiösen und ethnischen Gruppen der Region nicht geändert. Diese bittere Tatsache kann man ganz deutlich anhand der Staatsverfassungen Iraks seit dessen Abtrennung von dem Osmanischen Reich und der Gründung der konstitutionellen Monarchie unter der Führung von König Faisal Ibn Hussein, im August 1921 erkennen.

Eine detaillierte Darstellung der einzelnen Verfassungen seit Anfang des 20.Jh. würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen, daher werde ich mich darauf beschränken die einzelnen Verfassungen zu nennen und die speziellen und unser Thema betreffenden Paragraphen hervor zu heben.

Zum Vergleich liegen folgende Verfassungen/Gesetztexte vor:

 

1.      Die offizielle Verfassung des Iraks von 1925.

2.      Die Zweite Verfassungsänderung des Iraks von 1925.

3.      Die provisorische Verfassung des Iraks von 1958.

4.      Die Gesetzgebung der Nationalversammlung der Revolutionsführung des Iraks, Nummer 25, 1963.

5.      Die provisorische Verfassung des Iraks von 1964.

6.      Die Provisorische Verfassung des Iraks von 1968.

7.      Die provisorische Gesetzgebung zur Verwaltung des Iraks von 2004

8.      Verfassungsentwurf der Provinz Kurdistan. (Aktuell)

9.      Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10.12.1948.

Zur 1(Die offizielle Verfassung des Iraks von 1925)

Abschnitt 1/Rechte des Volkes:

§6:

Alle Iraker haben vor dem Gesetz unabhängig von ihrer religiösen und ethnischen Zugehörigkeit die gleichen Rechte und Pflichte.

§7:

Die individuelle Freiheit ist gewährleistet...Zwangsumsiedlung ist untersagt.....

§13:

Der Islam ist die offizielle Religion des Staates. Die Ausübung der religiösen Bräuche ist allen Irakern erlaubt, sie ist unantastbar und muss respektiert werden. Die freie Ausübung der religiösen Bräuche gemäß den jeweiligen Sitten der einzelnen Religionen sowie der Glaubensbekenntnis ist gewährleistet, falls diese die Sicherheit und Ordnung nicht gefährden und gegen die allgemeinen Sitten und Anstandsregeln des Landes nicht verstoßen.

Abschnitt 5/Die Judikative Gewalt

§78:

Die religiösen Räte der jeweiligen religiösen Minderheiten umfassen die religiösen Räte der Musuiya, und die der Christen. Das Recht auf Gründung dieser Räte wird durch ein spezielles  Gesetz gewährt. 

Zur 3 (Die provisorische Verfassung des Iraks von 1958)

Abschnitt 1/Die irakische Republik

§2:

Der Irak ist ein Teil der arabischen Nation.

§4:

Der Islam ist die Staatsreligion.

Abschnitt 2/Die Quelle der Gewalten und der allgemeinen Rechte und Pflichte

§7:

Die Staatsgewalt liegt beim Volk.

§9:

Alle irakischen Bürger haben die gleichen Rechte und Pflichte unabhängig von ihrer Geschlecht, Abstammung, Sprache, Religion und Glaube.

§12:

Die Freiheit der Religionen ist gewährleistet. Das Gesetz regelt und ordnet die Ausführung deren Aufgaben, unter der Voraussetzung, dass die Ausübung der religiösen Bräuche die öffentliche Ordnung nicht stört und gegen die allgemeinen Sitten des Landes und der Standesregeln nicht verstoßen.

Abschnitt 3/Regierungssystem

§23:

Die Judikative Gewalt ist unabhängig von den anderen Gewalten......

§25:

Die Gesetze werden im Namen des Volkes herausgegeben und durchgeführt.

Zur 4 (Die Gesetzgebung der Nationalversammlung der Revolutionsführung des Iraks, Nummer 25, 1963)

Befugnisse des Rates:

§2:

Die Nationalversammlung der Revolutionsführung übernimmt die Leitung über:

1.      die Gesetzgebende Gewalt; sie hat das Recht auf Ausarbeitung und Verabschiedung, Änderung und Annullierung von Gesetzen und Regeln.

2.       

3.   Krieg und  Frieden.

 

4.      die allgemeine Führung des Militärs und der Polizei und Nationalgarde.....

Die Führung der Republik und der Nationalversammlung der Revolutionsführung

§15: 

Der Präsident der Republik ist der oberste Führer des Landes und der nationalen Bundeswehr........

.

5.      In seinem Namen(des Präsidenten) werden die Gesetze herausgegeben.

Zur 5 (Die provisorische Verfassung des Iraks von 1964)

Abschnitt 1/Der Staat

§1:

Die irakische Republik ist eine demokratische und sozialistische, sie entnimmt die Grundlagen ihrer Demokratie und Sozialismus von dem arabischen Kulturerbe und vom Lebensgeist des Islams......

§3:

Der Islam ist die Staatsreligion und das wesentliche Fundament dessen Verfassung; arabisch ist seine offizielle Sprache.

Abschnitt 3/Die allgemeinen Rechte und Pflichten

§19:

Alle irakischen Bürger haben die gleichen Rechte und Pflichte unabhängig von ihrer Geschlecht, Abstammung, Sprache, Religion und Glaube. Diese Verfassung erkennt außerdem die nationalen Rechte der Kurden innerhalb des irakischen Volkes in eine nationale und brüderliche Einigkeit an.

§28:

Die Freiheit der Religionen ist gewährleistet; der Staat gewährleistet die Ausübung der religiösen Bräuche der einzelnen Religionen, unter der Voraussetzung, dass die Ausübung der religiösen Bräuche die öffentlich Ordnung nicht stören und gegen die allgemeinen Sitten des Landes und der Standesregeln nicht verstoßen.

Abschnitt 4/Das Regierungssystem

Kapitel 1/Der Präsident der Republik

§41:

Der irakische Präsident muss erstens Iraker und zweitens Muslim sein. Beide Elternteile müssen Iraker sein........

6. (Die Provisorische Verfassung des Iraks von 1968)

Abschnitt 1/Der Staat

§1:

die irakische Republik ist eine demokratische und volkstümliche, sie entnimmt die Grundlagen ihrer Demokratie und Volkstümlichkeit von der arabischen Kulturerbe und vom Lebensgeist des Islams...... 

§4:

Der Islam ist die Staatsreligion und das wesentliche Fundament dessen Verfassung; arabisch ist seine offizielle Sprache. 

Abschnitt: 3/Die allgemeinen Rechte und Pflichte

§21:

Alle irakischen Bürger haben die gleichen Rechte und Pflichte unabhängig von ihrer Geschlecht, Abstammung, Sprache, Religion und Glaube. Sie (Kurden und Araber) arbeiten zusammen zur Schutz der Existenz des Landes. Diese Verfassung erkennt außerdem die nationalen Rechte der Kurden innerhalb des einheitlichen Iraks.

§30:

Die Freiheit der Religionen ist gewährleistet; die Ausübung der religiösen Bräuche der einzelnen Religionen wird gewährleistet, unter der Voraussetzung, dass die Ausübung der religiösen Bräuche die öffentlich Ordnung nicht stören und gegen die allgemeinen Sitten des Landes und der Standesregeln nicht verstoßen.

Zur 7 (Die provisorische Gesetzgebung zur Verwaltung des Iraks von 2004)

Abschnitt 1/Die Grundprinzipien

§7, a:

Der Islam ist die offizielle Religion des Staates und ist ein Fundament der Gesetzgebung. Es ist nicht erlaubt während der Übergangsphase ein Gesetz herauszugeben, das erstens gegen die allgemein bekannten Grundlagen des Islams verstoßen und zweitens gegen die Prinzipien der Demokratie und der Rechte die im zweiten Abschnitt dieser Gesetzgebung aufgeführt sind. Außerdem respektiert diese Gesetzgebung die islamische Identität der meisten Bürgers Irak. Darüber hinaus  gewährleistet diese Gesetzgebung die religiösen Rechte aller Individuen, Religionsfreiheit und die Freiheit der Ausübung der Religionsbräuche.

Abschnitt 2/Die allgemeinen Rechte

§12: Alle irakischen Bürger haben die gleichen Rechte und Pflichte unabhängig von ihrem Geschlecht, Meinungen, Glaube, Nationalität, Religion, Konfession und Abstammung. Sie sind vor dem Gesetz gleich gestellt. Es ist untersagt einen irakischen Bürger aufgrund seines Geschlechtes, Nationalität, Religion und Abstammung zu diskriminieren. Jeder Bürger hat das Recht auf die persönliche Sicherheit, Leben und Freiheit. Und es ist untersagt jemandem seinem Leben oder Freiheit ohne richterliche Grundlage zu berauben. Alle sind vor dem Gesetz gleichgestellt.

§13

1: Die persönlichen und allgemeinen Freiheiten sind gewährleistet.

6: Der Iraker hat das Recht auf freies Denkens, Gewissens, religiöse Zugehörigkeit und die Ausübung der religiösen Bräuche. Anwendung von Gewalt zu Ausführung dessen ist untersagt.

Abschnitt 3/Die provisorische irakische Regierung

§24

2: Die Gewaltentrennung im Staat ist gewährleistet. Die drei Gewalten(Die Judikative, Exekutive, und Legislative) sind unabhängig von einander.

Zur 8 (Verfassungsentwurf des Bundeslands irakisches Kurdistan (Aktuell))

Abschnitt 1/Die allgemeinen Bestimmung

§2:

Das  Bundesland Kurdistan besteht aus folgenden Provinzen, Distrikten, Gemeinden und Orte:

-         Die Provinzen Kirkuk, Sulaymaniya, Arbil, mit ihren Grenzen vor 1970.

-         Provinz Duhok

-         Die Distrikte Aaqra, Shaikhan und Sindjar.

-         Die Gemeinde Zamar aus dem Provinz Nineve

-         Die Distrikte Khanaqin und Mandali aus dem Provinz Diyala.

-         Der Distrikt Badra aus dem Provinz Wasit.

§4:

Das Bundesland Kurdistan besteht aus Kurden und den Minderheiten (Turkmenen, Assyrern, Chaldäer und Arabern). Die Verfassung erkennt die Rechte dieser Minderheiten an.

Abschnitt 2/Die allgemeinen Rechte und Pflichte

§8:

1: Alle Bürger haben die gleichen Rechte und Pflichte unabhängig von ihrem Geschlecht, Rasse, Farbe, Sprache, gesellschaftliche Abstammung, Religion und den gesellschaftlichen Status.

§16:

Die Freiheit der Religionszugehörigkeit und der Ausübung der religiösen Bräuche ist gewährleistet, falls diese gegen die Bestimmungen der Verfassung der föderalen irakischen Republik, die Bestimmung dieser Verfassung sowie die öffentliche Ordnung und Sitten nicht verstoßen.

Abschnitt 3/Die Befugnisse des Bundeslandes Kurdistan

Kapitel /Die Legislative

Die nationale Versammlung des Bundeslandes Kurdistan

§26,2

Bei der Bildung der obigen Versammlung wird die gerechte Beteiligung der ethnischen Minderheiten berücksichtigt.

Kapitel 2/Die Exekutive

1.Thema/ Der Präsident des Bundeslandes Kurdistan

§49:

Bei der Bildung des Ministerrats wird die gerechte Beteiligung der ethnischen Minderheiten(Turkmenen, Assyrer, Chaldäer) berücksichtigt.

Kapitel 3/ Die Judikative

§57:

Die Gerichte sind unabhängig, sie unterliegen keiner Gewalt außer die des Gesetzes ist.

§60:

Es ist den Nicht-Muslimischen Gruppen erlaubt gemäß ein spezielles Gesetzes religiöse Räte für ihre Gemeinschaften zu gründen. Diese Räte haben die Befugnis sich mit den personellen Angelegenheiten dieser religiösen Minderheiten zu befassen. Die religiösen Angelegenheiten gehören nicht zum Aufgabenbereich der islamischen Gerichtshöfe.

§61:

Die gerichtliche Bestimmungen und Beschlüsse werden im Namen des Volkes herausgegeben.

Abschnitt 4/ Die Verwaltung und die Gemeinderäte

§66:

1. Der Gemeindevorsitzende sowie alle Gemeinderatsmitglieder müssen jeweils aus der jeweiligen Gemeinde stammen. Sie werden durch allgemeine, freie, geheime und direkte Wahlen gewählt.

2. Bei der Bildung der Gemeinderäte wird die gerechte Beteiligung der ethnischen Minderheiten berücksichtigt.

Abschnitt 5/ Die Endbestimmungen

§74:

Jedes Gesetz wird für ungültig erklärt, falls dieser erstens gegen die gerechten Rechte des kurdischen Volkes und die Bürger des Bundeslandes Kurdistan verstoßen oder deren Rechte einschränken und zweitens gegen die Bestimmungen dieser Verfassung verstoßen.

§75:

Es ist nicht erlaubt das politische System der föderalen Republik Irak ohne die Zustimmung des nationalen Rates des Bundeslandes Kurdistan zu ändern. Und im Gegenteil hat das Bundesland Kurdistan das Recht auf Selbstbestimmung.

Ich habe für wichtig gehalten die oben ausgeführten Paragraphen aus den jeweiligen Gesetzgebungen zu notieren um ein Vergleich zwischen ihnen zu ziehen. Demnach komme ich zur folgenden Schlussfolgerungen:

1. Alle Verfassungen des Iraks betonen die islamische und arabische Identität des Landes. Außerdem wird sehr stark darauf wert gelegt zu benennen, dass der Islam die offizielle Staatsreligion Iraks ist. Jedem interessierten Leser, der die Nachrichten und Ereignisse über den Irak in den Medien verfolgt, ist bekannt auf welchem weg sich die irakisch-arabisch- und islamischen politischen Parteien bewegen und welche Ziele sie bezwecken. Die drei großen Gruppen des Landes, nämlich die Schiiten, die Sunniten, und die Kurden sind in vielen wesentlichen Punkten uneinig, z.B. die Situation der an Erdöl reichen Stadt Kirikuk; die Kurden möchten diese Stadt zur Hauptstadt des Bundeslandes Kurdistan machen, was allerdings auf widerstand der Araber und Turkmenen stößt.

Die Schiiten würden das Landes am liebsten in Richtung eines religiösen Staates wie im Iran der fall ist steuern, die Sunniten beteiligen sich am Anfang nicht an dem politischen Prozess im Land und fangen erst spät an sich am politischen Leben aktiv zu beteiligen. Fast alle islamischen und arabischen Gruppen haben bestimmte Denkweisen und Vorstellungen über die Neugestaltung des Iraks. Sie möchten das islamische und arabische Rahmen des Landes beibehalten und ignorieren dabei die historischen Tatsachen und Verdienste des kurdischen Volkes im Irak, ganz zu schweigen von den der anderen ethnischen und religiösen Minderheiten des Landes, wie die(Assyrer, Chaldäer, Turkmenen, Perser, Sabier/Mandäer und Yeziden).

Um ein gut funktionierten Staat auf Grundlagen der Demokratie und der allgemein anerkannten Menschenrechte zu gründen, müssen alle Sitten, Bräuche und Eigentümlichkeiten der irakischen Volkesgruppen berücksichtigt werden. Ziel der Bemühungen muss es sein eine bunte multikulturelle, friedliche und gesunde Gesellschaft im Irak zu schaffen.

2. Die freie Ausübung der religiösen Bräuche gemäß den jeweiligen Sitten der einzelnen Religionen sowie der Glaubensbekenntnis ist gewährleistet, falls diese die Sicherheit und Ordnung nicht gefährden und gegen die allgemeinen Sitten und Anstandsregeln des Landes nicht verstoßen.

Dieses Paragraph taucht bei allen Verfassungen des Iraks auf auch in der provisorische Gesetzgebung zur Verwaltung des Iraks von 2004 und der Verfassungsentwurf des Bundeslands irakisches Kurdistan , doch nie wurde definiert oder erklärt was der Absatz „falls diese die Sicherheit und Ordnung nicht gefährden und gegen die allgemeinen Sitten und Anstandsregeln des Landes nicht verstoßen“ in Wirklichkeit bedeutet und was er bezweckt. Es ist sehr von Nöten diesen Absatz genauer zu erläutern und dabei die schriftlich festgelegten und oder die oralen Gesetze der jeweiligen religiösen Gruppen zu berücksichtigen. Auch in den osmanischen Verfassungen galt der gleiche Vorsatz, dort wurde nach dem islamischen Recht (Schariaat) gehandelt.

Welcher Nutz hat der yezidische Bürger im Irak außerdem von einem Gesetz, wenn es auf einer Seite in den Verfassungen verankert wird, dass alle irakischen Bürger die gleichen Rechte und Pflichte unabhängig von ihrem Geschlecht, Abstammung, Sprache, Religion und Glaube haben und auf der anderen Seite die Yeziden als religiöse Gemeinschaft im Irak nicht erwähnt und anerkannt wird. Die Yeziden werden bewusst ignoriert und zwar aus dem alt bekannten Grund, sie würden nach dem islamischen Verständnis nicht zur einen Buchreligion gehören.

3. Zum ersten Mal räumt die irakische Verfassung von 1925 den religiösen Minderheiten das Recht auf Bildung von Räten für die Angelegenheiten der jeweiligen religiösen Gruppe. Doch auch hier wird diese yezidische Religion verfassungsmäßig nicht anerkannt. Lediglich Christen und Musuiya werden buchstäblich im §78 der Verfassung von 1925 erwähnt. Dem nach bezieht sich der Gesetztext nur auf die beiden Gruppen und ignoriert dabei alle anderen Gruppen mitunter die Yeziden.

Weder in der provisorischen Gesetzgebung zur Verwaltung des Iraks von 2004 noch im Verfassungsentwurf des Bundeslands irakisches Kurdistan wird die yezidische Religionsgemeinschaft namentlich genannt. Im letztern wird den religiösen und ethnischen Minderheiten mehr Rechte eingeräumt als in den vorherigen Verfassungen, doch hier gibt es auch Gesetzlücken, die eine genauere Ausarbeitung bedürfen, was den religiösen Rechten der Yeziden angeht. Es muss klar definiert sein, dass die yezidische Religionsgemeinschaft ein Teil des Bundeslandes Kurdistan ist.

Die Yeziden erkennen ihre nationale Zugehörigkeit zum kurdischen Volk nicht ab, sie müssen jedoch wie die anderen ethnischen Gruppen(Turkmene, Assyrer, Chaldäer) die im Verfassungsentwurf des Bundesland Kurdistan namentlich erwähnt werden und ihnen politische Rechte eingeräumt werden, an allen staatlichen und politischen Instanzen und Behörden (Regierung, Parlament, Gemeinderäte) gemäß ihren Bevölkerungsanteil beteiligt werden.

Die Einverleibung aller yezidischen Siedlungsgebiete innerhalb des Bundeslandes Kurdistan, welches im Verfassungsentwurf des Bundesland Kurdistan im Abschnitt 1/Die allgemeinen Bestimmung, §2, auch genau erwähnt wird, ist meines Erachtens der sicherste und klügste Weg die Rechte der religiösen Gemeinschaft der Yeziden zu sichern und gewähr zuleisten, da das kurdische Volk auf dem besten Weg ist einen selbstständigen säkularen und demokratischen Staat zu bilden.

Hier, wie bereit oben erwähnt, die Texte der beiden Memoranden an die irakische Nationalversammlung/Verfassungskomitee und das Kurdische Parlament in Kurdistan/die Verfassungskomitee des Bundeslandes Kurdistan.

Memorandum 

An die irakische Nationalversammlung/Verfassungskomitee.

Betreff: Forderung zur Verankerung der Rechte der Yeziden in der neuen irakischen Verfassung:

Die Yezidische Religion ist eine der uralten monotheistischen Religionen im Irak. Viele Gründe z.B. die falsche Denkweise der Muslime und Arabern über diese friedliche Religion, haben dazu beigetragen etliche unbarmherzige Massakern gegen sie zu führen. Ziel diese diskriminierende Massenmorde war die Existenz diese Gemeinschaft zu löschen. Darüber hinaus wurden sie auch aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum kurdischen Volk während des Baath-Regimes unterdrückt. Ihnen wurden jegliche Rechte aberkannt.

Nach dem Volksaufstand im März 1991 hat sich ihre Lage jedoch in Kurdistan(Nordirak) verbessert, sie wurden mit den kurdischen Muslimen gleichgestellt.

Nach der Befreiung des Iraks durch die Alliierten Kräften unter der Führung der Amerikaner hat sich der Weg für die Demokratisierung des Irak geöffnet. Ein neues Zeitalter ist nun im Irak angebrochen. Nun sind auch alle Iraker, alle irakischen Parteien, Organisationen und Minderheiten gefordert sich an die Gestaltung des zukünftigen Iraks aktiv zu beteiligen.

Um die nationale Einigkeit zu verfestigen und um die Prinzipien der Toleranz, der Brüderlichkeit, und des Zusammenlebens unter dem irakischen Volk zu verbreiten, sind wir alle gefordert unseren Beitrag zur Verwirklichung der Gerechtigkeit und der Gleichheit auf allen Ebenen zu leisten. Damit kann erstens jeder Iraker seine richtige Position ohne jegliche Diskriminierung einnehmen und zweitens, die bereit erwähnten Grundlehren und die Prinzipien und Grundlagen der Menscherechte in der ständigen irakischen Verfassung verankert werden; wodurch die Beteiligung und Unterstützung der Iraker beim Aufbau des neuen föderalen Irak auf moderne und demokratische Grundlagen angeregt wird.

Und wir sind aller Hoffnung, dass die zukünftige Verfassung des Iraks die Grundlagen der Menschenrechte und die Rechte der Minderheiten im Irak auf einer gerechten Weise innehaben wird.

Daher richten wir Yeziden unser Blick auf das was euer Gewissen im Hinblick auf die Ausarbeitung der Verfassungstexte, die unsere religiösen Rechte wie die der anderen irakischen Minderheiten gewährleisten wird, widerspiegeln wird.

Nach der Beratung mit den Exil-Yeziden in Europa legen wir Ihnen unsere Forderung vor, mit der Hoffnung sie bei Eure Bemühungen zur Ausarbeitung der ständigen Verfassung des Iraks in Betracht zu ziehen. Die unten angeführten Forderungen wurden einstimmig von mir und von allen Yeziden einstimmig gebilligt:

1.      Anerkennung der Yezidischen Religion namentlich in der ständigen irakischen Verfassung.

2.      Beteiligung der Yeziden an die Gesetzgebenden Versammlungen und allen anderen staatlichen Institutionen und Einrichtungen auf allen Ebenen gemäß ihrem Bevölkerungsanteil.

3.      Die rasche Umsetzung des Paragraph 58  aus der Gesetzgebung der Übergangsphase, im Bezug auf allen Landesteilen und Regionen in denen die Yeziden die absolute Mehrheit bilden. Demnach sollen alle negativen Seiten der Arabisierungspolitik (Zwangsumsiedlung, die willkürliche demographische Veränderung der Siedlungsgebiete der Yeziden) beseitigt werden, und die Rückgabe der gesamten Eigentümern der Yeziden, sowie seelische und materielle Entschädigung.

4.      Anerkennung des Lalish-Heiligtum sowie alle anderen Heiligtümern und religiösen Stätte der Yeziden gleichmäßig mit den anderen Religionen im Irak.#

5.      Die Aufführung und Anerkennung der yezidischen Religion in allen Lehrbüchern.

Möge Euch Gott Erfolg zu Gunsten alle Iraker bringen.

Tahsin Seid Beg
Das Weltliche Oberhaupt der Yeziden.
Oldenburg(Deutschland), den 16.07.2005

 

Memorandum

An das Kurdische Parlament in Kurdistan/die Verfassungskomitee des Bundesland Kurdistan

 Trotz der vielen Massakern und Genoziden und Unterdrückung die der Yeziden widerfahren ist, haben sie ihre Religion und ihre Kultur, die ihre echte kurdische Identität bezeichnet, standhaft bewahrt. Die Yeziden haben einen bemerkenswerten Anteil an die kurdische Befreiungsbewegung gehabt. Sie haben auch unermesslich Opfer (humane und materielle) dargebracht und haben sich aktiv an dem glorreichen Aufstand von März 1991 beteiligt. Der Aufstand brachte der ganzen Bevölkerung in Kurdistan große Gewinne, an denen die Yeziden auch Anteil daran hatten. Nach dem Sturz des Saddam-Regime, sind auch die übrigen Teile Kurdistan befreit worden, mitunter die Siedlungsgebiete der Yeziden (Sindjar, Shaikhan, Tel-Kef, Baashiqa). Wir fordern außerdem die Durchsetzung der §58 aus der Gesetzgebung der Übergangsphase. Wir sind aller Hoffnung, dass wir, die Yeziden sowie unsere Forderungen zum Mittelpunkt Euer Interessen wird, denn bis jetzt wurde ihre Existenz als Religionsgemeinschaft  im Irak von den frühren Regime ignoriert.

Nach der Beratung mit den Exil-Yeziden in Europa und zur Bestätigung und Bekräftigung unsere frühren Memoranden legen wir Ihnen unsere Forderung und Vorschläge bezüglich des Verfassungsentwurf des Provinzen Kurdistans vor, mit der Hoffnung sie in Betracht zu ziehen, um Gerechtigkeit und Gleichheit Genüge zu tun. Wir sind sehr sicher, dass die zukünftige Verfassung des Bundeslandes Kurdistan (Nordirak) auf Grundlagen der Menschenrechte basieren wird, welche die Grundlagen der Toleranz, der Brüderlichkeit und des Zusammenlebens innerhalb alle Bevölkerungsgruppen Kurdistans.  Die unten angeführten Forderungen wurden einstimmig von mir und von allen Yeziden einstimmig gebilligt.

Unsere Forderungen und Vorschläge bezüglich der Verfassung der Bundeslandes Kurdistan bestehen daran einige Paragraphen und Klauselen wie folgt neu zu definieren:

 

1.       §2 : Hinzufügung der Yezidischen Gemeinden und Orte im Bezirk Tel-Kef (Provinz Mossul/Nineve) zum Provinz Kurdistan.

2.       §4:  Der Provinz Kurdistan besteht aus Kurden(Muslime und Yeziden)und anderen Minderheiten(Turkmenen, Assyrern, Chaldäer, Arabern) wobei diese Verfassung die Rechte dieser religiösen und ethnischen Minderheiten anerkennt.

3.       §26, 2.Klausel: Bei der Bildung des Provinzrates wird die gerechte Beteiligung der religiösen und ethnischen Minderheiten berücksichtigt.

4.       §49:  Bei der Bildung des Regierungskabinett und der Verteilung der Ministerposten wird die Beteiligung der ethnischen Minderheiten(die Turkmenen, Assyrer, Chaldäer) sowie religiösen Minderheiten berücksichtigt.

5.       §60  :  a. Die Nicht-Muslimischen Religionen (Die Yezidische und Christliche Religion) haben gemäß eines dazu bestimmten Gesetzes das Recht auf Gründung von religiös-richterlichen Räte. Diese gebildeten Räte haben das Recht sich mit dem Personalstatut dieser Religionen zu befassen wobei das Gesetz zur Reglung der Angelegenheiten des Personalstatuts nicht zum Zuständigkeitsbereich der religiösen Gerichtshöfe des Islams gehört.

b.      Diese bereits erwähnten Religionen haben zur Reglung ihrer religiösen Angelegtheiten das Recht religiöse Stiftungen für die Mitglieder ihrer Gemeinden in Kurdistan zu gründen.

 

6.       §66  : a. Der Gemeindevorsitzende sowie der Gemeinderat werden aus den Einwohnern der jeweiligen Gemeinde durch allgemeine, freie, geheime und direkte Wahlen gewählt.

                 b. Bei der Bildung der Gemeinderäte wird die gerechte Beteiligung der religiösen und ethnischen Minderheiten in Kurdistan berücksichtigt.

Tahsin Seid Beg
Das Weltliche Oberhaupt der Yeziden
Oldenburg (Deutschland), den 16.Juli 2005 

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