Das kurdische Volk fordert Erziehung und
Ausbildung in der eigenen Muttersprache
Das türkische Regime antwortet
mit Repressionen
Diese Unterdrückung muss
beendet werden!
Seit geraumer Zeit setzen sich Studentinnen und Studenten
in Nord-Kurdistan und in der Türkei für die Zulassung der
kurdischen Sprache als Wahlfach in den Universitäten ein.
Individuell oder in Gruppen reichen sie Anträge mit dieser
Forderung bei den Rektoren der Universitäten und Dekanen der
Fakultäten ein.
Die Türkische Regierung antwortet dieser friedlichen Forderung
mit dem Einsatz von Polizei und Gendarmerie, mit Repressionen,
Verhören und gerichtlichen Maßnahmen. Der staatliche Hochschulrat
YÖK verhängt massenweise Disziplinarstrafen gegen die Antragsteller
und verweist sie von den Universitäten.
Die Aktion ging von Studentinnen und Studenten in Istanbul
aus und weitete sich dann schnell nach Ankara, Adana und die
kurdischen Provinzen aus. Mittlerweile wird die Forderung
auch von Eltern, Grund- und Mittelschülern unterstützt.
In den Anträgen der Studenten heißt es:
*
Die Veränderungen in der Verfassung ermöglichen
die Erweiterung der Anwendungsbereiche der kurdischen Sprache.
*
In der Türkei wurde die Existenz anderer Völker,
allen voran die des kurdischen Volkes, geleugnet. Sie wurden
an der Weiterentwicklung ihrer Kultur und Sprache gehindert.
* Gemäß der multiethnischen und multikulturellen Struktur des Landes ist
es die Aufgabe aller Verwaltungseinrichtungen und Institutionen,
eine partizipatorische und demokratische Gesellschaft aufzubauen.
Wir fordern vom Rektor unserer Universität die Zulassung von
kurdisch als Wahlfach.
Auf demokratischem und friedlichem Wege wird diese legitimste
und selbstverständlichste Forderung eines Volkes, dessen Sprache
seit Jahrzehnten verboten ist, zum Ausdruck gebracht. Jedoch
ist das türkische Regime nicht in der Lage, diese Forderung
zu ertragen. Sie kennt nichts anderes als Repression, Unterdrückung
und Verbot. Sie erkennt den Menschen nicht einmal das Recht
zu, Anträge zu stellen.
Die Universitätsverwaltungen nehmen die Anträge nicht an.
Sie erklärten das Stellen solcher Anträge zur Straftat und
ließen an den Universitäten Plakate aufhängen, die vor der
Teilnahme an dieser Aktion warnen. Die Rektorate begnügten
sich nicht damit, die Annahme der Anträge zu verweigern, sondern
leiteten Disziplinarmaßnahmen ein, durch die zahlreiche Studentinnen
und Studenten für ein Jahr oder für immer aus der Universität
relegiert wurden.
An der Dicle Universität in Diyarbakir umzingelten
Sondereinheiten der Polizei mit Panzern den Universitätscampus,
um solche friedlichen Forderungen und Aktionen zu verhindern.
Die Lehrer Mesut Firat, Rojhat Kayran und Leyla Durmus wurden
in Untersuchungshaft genommen, weil an den Wänden des Gymnasiums
im Distrikt Bismil (Provinz Diyarbakir) ”Wir wollen Unterricht
in der Muttersprache” geschrieben stand.
Medeni Alpkaya, Sekretär der Lehrergewerkschaft Egitim-Sen
in Diyarbakir, wurde verhaftet, weil er mit einer Presseerklärung
die Forderung Erziehung in Kurdischer Sprache unterstützt
hatte.
An der Inönü Universität in Malatya wurden 10 Studenten
von der Universität verwiesen, weil sie gegen den Hochschulrat
protestiert und Erziehung in der Muttersprache gefordert hatten.
In dem Dorf Carikli (Provinz Diyarbakir) wurden 6 Schüler
im Alter von 8-10 Jahren von der Gendarmerie verhaftet und
vernommen, weil sie nach Schulschluss " Wir wollen Ausbildung
in kurdischer Sprache” riefen.
Diese primitiven und repressiven Maßnahmen, die der türkische
Staat auch im neuen Jahrtausend fortsetzt, sind weder mit
Rechtsstaatlichkeit, noch mit Demokratie zu vereinbaren.
Mit dieser Haltung tritt die Türkische Republik die Allgemeine
Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen mit Füßen;
sie verletzt die Prinzipien der OSZE! Die türkische Republik
missachtet ihre eigenen Versprechen gegenüber der Europäischen
Union. Diese repressive Praxis ist eine klare Missachtung
der Kopenhagener Kriterien und der Kriterien des Beitrittspartnerschaftsdokumentes.
Kurzum, die türkische Republik bietet mit dieser Haltung
dem Völkerrecht und der Menschheit die Stirn.
Es ist nichts anderes als eine irrationale Tyrannei, in diesem
Jahrhundert die Sprache eines Volkes im Bereich der Kommunikation,
Erziehung und Ausbildung zu verbieten. Diese Verbotspraxis
ist im wahrsten Sinne als faschistisch und rassistisch zu
beurteilen.
Wir, die Sozialistische Partei Kurdistans (PSK) unterstützen
diese von kurdischen Jugendlichen getragene demokratischen
Forderung und rufen zur Solidarität mit ihnen auf.
Die demokratischen, intellektuellen und werktätigen Türkinnen
und Türken müssen diese elementare Forderung unseres Volkes
unterstützen und sich gegen diese irrationale Tyrannei und
Willkür wehren.
Die demokratische Öffentlichkeit darf gegenüber der Gewalt
des türkischen Regimes nicht länger schweigen.
Allen voran die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dürfen
nicht länger Zuschauer bei der Verletzung der Kopenhagener
Kriterien bleiben.
Die Türkische Republik muss diese Primitivität und Gewalt
endlich beenden!
Sozialistische Partei Kurdistans
25. Dezember 2001
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