Der grausame Giftgasangriff Saddam gegen
das kurdische Volk in Halabja bleibt unvergesslich
Vor 19 Jahren versuchte der irakische Diktator mit der stillen
Duldung der Westlichen Welt die Stadt Halabja im Irakisch-Kurdistan
mit Giftgas auszulöschen. Studien zufolge kamen vor allem
Senfgas (Yperit), Sarin, VX und das Nervengift Tabun zum Einsatz.
Etwa 5000 Kinder, Frauen und ältere Menschen starben zwischen
dem 16. und 18. März 1988 im Bombardement der irakischen Luftwaffe
einen qualvollen Tod. Das Foto eines kurdischen Vaters, der
mit seinem toten Kind im Arm vor seinem Haus zusammengebrochen
war, ging um die Welt. Tausende weitere Menschen starben nach
dem Angriff, über 10.000 wurden lebensgefährlich verletzt
oder erlitten dauerhafte Gesundheitsschäden. Die übrige Bevölkerung
floh aus der Stadt.
Auch heute leiden immer noch sehr viele Bewohner der Stadt
an Folgeschäden der chemischen Kampfstoffe. Die Chemikalien
hatten die Augen der Menschen sowie ihr Atem- und Nervensystem
empfindlich angegriffen. Viele Opfer erblindeten. Nervenlähmungen,
Hautkrankheiten, Lungenschädigungen und Krebstumore entstanden.
Unfruchtbarkeit und erblich bedingte Behinderungen kommen
bei den Bewohnern von Halabja heute um ein Vielfaches häufiger
vor als bei Bewohnern von Ortschaften, die nicht Opfer von
Giftgasangriffen wurden.
Der Giftgasangriff auf Halabja gilt als Höhepunkt einer
langen und gezielten Vernichtungskampagne des ehemaligen Saddam-Regimes
gegen die kurdische Bevölkerung im Nordirak. Denn der Angriff
vom 16. März war kein Einzelfall. In mindestens 42 weiteren
Fällen wurde nachgewiesenermaßen Giftgas gegen die kurdische
Bevölkerung eingesetzt. Über 4.500 kurdische Dörfer und Städte
wurden innerhalb weniger Jahre zerstört, über 182.000 Menschen
im kurdischen Nordirak wurden verschleppt oder ermordet. Die
zahlreichen Massengräber, die nach dem Sturz des Saddam-Regimes
in verschiedenen Gebieten Iraks gefunden wurden, geben Hinweise
auf das Schicksal der deportierten Menschen. Weite Landstriche
der kurdischen Region wurden vermint.
Eine andere bedauerliche Tatsache ist, dass das Giftgas,
das in Halabja zum Einsatz kam, zum größten Teil mit Hilfe
von deutschen Firmen und deutscher Technologie im Irak produziert
worden war. Deutschland hat seine Verantwortung in diesem
Punkt nie akzeptiert und hat keinen Schritt zur Wiedergutmachung
bzw. juristischer Aufklärung getan. Die Kurden in Irak warten
auch nach der Befreiung des Iraks von der Saddam-Herrschaft
auf ein Zeichen aus Deutschland. Die Bundesregierung
sollte zumindest die Beteiligung deutscher Firmen an diesen
Verbrechen anprangern und eine Entschädigung der Opfer in
Erwägung ziehen.
Die ersten freien demokratischen
Wahlen in Irak im Jahre 2005 markieren einen Wendepunkt in
der irakischen Geschichte mit einer neuen Zukunftsperspektive.
Es ist deshalb dringlichste Aufgabe in Irak den angeschlagenen
Weg der realen Demokratie, Pluralismus und Föderalismus konsequent
zu verankern, um eine Wiederholung der Ereignisse von Halabja
für die Zukunft ausschließen.
Im Bundesland Kurdistan wird
unnachgiebig für die Festigung demokratischer Strukturen,
für einen sozialen Marktwirtschaft orientierten Wirtschaftwachstum
gearbeitet. In der kurdischen Selbstverwaltungsregion sind
die Grund- und Menschenrechte grundsätzlich akzeptiert und
garantiert, demokratische Freiheiten wie Meinungs- und Pressefreiheit,
Pluralismus, Versammlungsrecht u. a sind reale Lebenswirklichkeit
geworden.
In einer Volksabstimmung sollen
die Bewohner der Region aber bis zum Jahresende über einen
Anschluss des ölreichen Provinzes Kirkuk an das Bundesland
Kurdistan abstimmen. Da Kirkuk über 50% der Bevölkerung aus
Kurden besteht, versuchen die Nachbarstaaten des Iraks, in
erster Linie die Türkei, mit allen Mitteln dies zu verhindern.
Wir appellieren an die Bundesregierung, diesen angefangenen
Prozess positiven Prozess in Bundesland Kurdistan mit politischen
Nachdruck und wirksamer Wiederaufbauhilfe zu unterstützen.
Damit könnte zu mindest der erste Schritt zur Wiedergutmachung
des Verbrechens in Halabja getan werden.
Das Verbrechen in Halabja darf sich niemals wiederholen.
16.03.2007
KOMKAR-Verband der Vereine aus Kurdistan e.V.
IMK-Internationales Zentrum für Menchenrechte der Kurden
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