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– PAR PARTEI FÜR RECHTE UND FREIHEITEN PRESSEERKLÄRUNG Dritte
Außerordentliche Parteiratsversammlung der HAK-PAR Am 13. April
2002 hat unser Parteirat aufgrund des „Verbotsverfahrens“ und der Entwicklungen
in unserer Region eine außerordentliche Versammlung abgehalten, auf der die Entwicklungen
in der Türkei und in unserer Region sowie das gegen unsere Partei angestrengte
„Schließungsverfahren“ behandelt und Beschlüsse gefasst wurden. Das
„Schließungsverfahren“ gegen unsere Partei ist willkürlich und rechtswidrig... Die
Oberstaatsanwaltschaft des Kassationshofes hat drei Wochen nach Gründung unserer
Partei eiligst ein „Verbotsverfahren“ eingeleitet. Wir hatten der Öffentlichkeit
gegenüber erklärt, dass dieses Vorgehen äußerst vorurteilsbehaftet, willkürlich
und rechtswidrig ist. Unser Parteirat hat diese Meinung bestätigt; aber wichtiger
noch als das, hat er auf das gefährliche, unangemessene Verständnis, das hinter
den Behauptungen der Oberstaatsanwaltschaft steckt, hingewiesen und dieses analysiert. Der
Oberstaatsanwaltschaft zufolge habe unsere Partei durch die Behauptung, „die Kurdenfrage
sei ein grundlegendes Problem der Türkei, und solange die Kurdenfrage nicht gelöst
sei, sei es schwer, die übrigen Probleme der Türkei zu lösen; und da sie bei der
Lösung der Kurdenfrage für das Wohl und die Zukunft der Türkei eine aktive Rolle
übernehmen wolle“, habe sie erst eine Minderheit mit Namen „Kurden“ geschaffen.
Dabei werden die Kurden in unserem Parteiprogramm gar nicht, wie die Oberstaatsanwaltschaft
behauptet, als eine Minderheit angesehen, sondern vielmehr – wenn auch nicht explizit
gesagt – als eines der ältesten zivilisationsschaffenden, einheimischen Völker
in der Geschichte der Türkei und der Region. Im Laufe des Prozesses der
EU-Mitgliedschaftskandidatur der Türkei können die zivilen wie militärischen Vertreter
der EU und der Türkei in bestimmter Hinsicht von den Kurden reden. Aus Sicht der
Oberstaatsanwaltschaft müsste eigentlich auch hier der gefährliche Weg aufgezeigt
werden, dies als Straftat zu betrachten und die Verantwortlichen strafrechtlich
zu verfolgen. Da dies aber nicht möglich ist, liegt es auf der Hand, dass die
Kurdenfrage gar nicht zu verheimlichen ist. Der Oberstaatsanwalt bewertet
außerdem die Forderung nach muttersprachlichem Unterricht in kurdischer Sprache
als den Wunsch, Türkisch als Muttersprache aufzugeben; auch dies führt er als
Begründung für das Verbot unserer Partei an. Dieser Ansatz ist eindeutig mit der
Rechtswissenschaft und Soziologie unvereinbar. Als weiteren Punkt weist
der Oberstaatsanwalt darauf hin, dass die Forderung nach Dezentralisierung der
Türkei, nach Stärkung der regionalen autonomen Administration zur Minderung der
Schwerfälligkeit des Staatsapparats und zur Förderung der Produktivität und Selbstorganisation
einer Spaltung der Türkei in Regionen gleichkommen würde. All diese Behauptungen
sind nichts als ein deutliches Zeichen dafür, dass der Oberstaatsanwalt des Kassationshofes
ganz im Dienste der Geisteshaltung handelt, die sich Lösungen für die Türkei verweigert
und, im Gegenteil, eher noch neue Probleme schafft. Unsere Partei stellt fest,
dass diese Herangehensweise des Oberstaatsanwaltes gefährlich, demokratiewidrig
und mit dem universellen demokratischen Recht sowie der positiven weitreichenden
Auslegung lokalen Rechts unvereinbar ist und vor dem Verfassungsgericht keinen
Bestand haben wird, so dass wir in der festen Überzeugung sind, dass unsere Partei
nicht geschlossen wird. Daher werden wir trotz des Verbotsverfahrens unsere Organisationstätigkeit
weiter forcieren. Die Führenden der Türkei demonstrieren
während des EU-Mitgliedschaftsprozesses ein primitives, grobes und erniedrigendes
Verhalten... Die Hauptprobleme der Türkei unserer Tage sind die Demokratisierung
nach EU-Standard, die Neustrukturierung der Administration und eine Lösung der
Kurdenfrage. Analysiert man die Meinungen, die die Staats- und Regierungsverantwortlichen
vertreten sowie das, was im Fernsehen und den Print-Medien diskutiert wird, so
erkennt man, dass alle Probleme an der Stelle stagnieren, an der sie mit dem Kurdenproblem
in Zusammenhang stehen. Für jeden ist sichtbar, dass die Neuregelungen, die sich
die Türkei außer in Sachen Kurdenfrage auf den Gebieten Rechte und Freiheiten
vorgenommen hat, nicht ausreichend sein werden, und dass so keine grundlegenden
Schritte für eine Lösung eingeleitet werden können. Offen gesagt, solange keine
demokratischen Öffnungen bezüglich der Kurdenfrage stattfinden, sind Neustrukturierungen
und eine Demokratisierung geradezu unmöglich. Diese Tatsache ist es, die
den Führenden der Türkei Angst bereitet, und so legen sie in ihren Ansichten und
ihrem Verhalten aufgrund der chauvinistischen Einstellung, die sie durch die jahrelange
Leugnungs- und Ablehnungspolitik gegenüber den Kurden gewonnen haben, eine so
plumpe und primitive Art an den Tag. Noch schlimmer, sie äußern sich den Kurden
gegenüber erniedrigend, sagen Dinge, die mit Recht und Gesetz unvereinbar sind,
wie Kurdisch sei keine Sprache der Wissenschaft und zwei Stunden TV-Sendungen
in kurdischer Sprache würden ausreichen. Unsere Partei wurde gegründet,
da sie festgestellt hat, dass die Probleme der Türkei, allen voran die Kurdenfrage,
mit solch einer Einstellung, solch einem Verständnis nicht gelöst werden können;
sie ist der Meinung, diese Probleme, insbesondere die Kurdenfrage können leicht
gelöst werden, wenn man sich die politischen Systeme und die Administration der
Staaten in der EU, für die die Türkei kandidiert, einmal genau anschaut. Ohne
eine Lösung der Kurden- und der Palästinafrage ist ein Frieden in der Region unmöglich... Das
Kurden- und das Palästinaproblem sind die beiden National- und Gesellschaftsfragen,
die nicht nur in unserer Region, sondern in der ganzen Welt am meisten Beachtung
finden. Dass es in unserer Region keinen Frieden geben wird, solange diese beiden
Konflikte nicht gelöst sind, hat sich in jüngster Zeit durch die bewaffneten Auseinandersetzungen
zwischen Israel und Palästinensern einmal wieder gezeigt. Unser Parteirat hat
auch die Entwicklungen in der Region Israel und Palästina während seiner Sitzung
behandelt. Unser Parteirat hat festgestellt, dass Israel auf palästinensischem
Territorium im Namen der Terrorismusbekämpfung einen ungleichen, ungerechtfertigten
und gefährlichen Angriff führt. Er hob hervor, dass die Probleme durch den israelischen
Staats- und den organisierten palästinensischen Zivilterror nicht zu lösen sind,
sondern im Gegenteil, nur noch komplizierter werden. Er sprach sich dafür aus,
dass es unausweichlich ist, dass beide Seiten auf Gewalt verzichten. Unser
Parteirat wies darauf hin, dass die palästinensischen Verantwortlichen gegenüber
der Kurdenfrage unsensibel gewesen sind und es eine kontraproduktive Politik sei,
dass sie der irakischen Führung so nahe stehen; dass es jedoch für ein unterdrücktes
Volk wie die Kurden, die selbst für diese Rechte kämpften, nur natürlich sei,
dass sie die Meinung vertreten, das palästinensische Volk solle auf seinem Territorium
ebenso viele Rechte haben wie das jüdische Volk. Er stellt ferner fest, dass es
bei der Lösung des Konfliktes eine Schlüsselrolle spielen werde, wenn die Palästinenser
und die Araber die legitime Existenz des Staates Israel anerkennen würden. Der
Parteirat unterstrich, dass der Israel-Palästina-Konflikt nicht durch Krieg, sondern
mit friedlichen und demokratischen Mitteln gelöst werden müsse. Er betonte
ferner, dass es zwischen der Sensibilität, die die Führenden der Türkei gegenüber
der Palästina-Frage zeigten und ihrer Sichtweise der Kurdenfrage gegenüber einen
radikalen Widerspruch gebe. Er sieht es als wichtigen demokratischen Schritt für
die Etablierung von Frieden, Recht und Ordnung in unserer Region an, dass sich
das israelische Militär schnellstens von palästinensischem Territorium zurückzieht
und mit den Friedensverhandlungen beginnt. Ankara, den 18.04.2002 Abdulmelik
FIRAT Vorsitzender der HAK-PAR | |