Presseerklärung des IMK e.V.
zum Bombenattentat in Diyarbakir und der neuen Akt von staatlicher
Barbarei in der Türkei
Bei einer Bombenexplosion in der größten kurdischen Stadt
Diyarbakir, im Südosten der Türkei, sind in der Nacht zum
Mittwoch bei einem Bombenattentat an einer Bushaltestelle
am Rande eines Parks des Stadtviertels Baglar von Diyarbakir
zehn Menschen getötet und 15 verletzt worden. Unter den Todesopfern,
von denen die meisten bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt
wurden, befinden sich sieben Kinder.
Bemerkenswert ist, dass dieses niederträchtige und blutige
Attentat einen Tag nach der Pressekonferenz der DTP (Partei
für eine Demokratische Gesellschaft) in Diyarbakir begangen
wurde, auf der der Parteivorsitzende und der Oberbürgermeister
von Diyarbakir die PKK aufgerufen hatten, eine einseitige
Waffenruhe auszurufen.
Zu dem Anschlag hat sich eine Gruppe Namens TIT („Türkische
Rache-brigaden“) bekannt. In einer Erklärung auf ihrer Homepage
(www.turkintikamtugayi.8m.com) gaben diese bekannt, das Attentat
als Rachakt für den türkischen Soldaten Ali Balikci ausgeübt
zu haben , der bei den Zusammenstössen mit den PKK-Guerillas
in der kurdischen Stadt Siirt vor einer Woche getötet wurde.
In deren Erklärung wird weiter ausgeführt, dass ab jetzt
für jeden aus dem Westen der Türkei stammenden und getöteten
türkischen Soldaten zehn Kurden in Diyarbakir getötet werden.
Der Erklärung wurden Bilder beigefügt, die die über einen
Mobilfunk gesteuerte und gezündete Bombe in Diyarbakir zeigten.
Diese Erklärung der TIT endet mit dem Satz: „Nur ein
toter Kurde ist ein guter Kurde“.
Hinter der TIT stehen unserer Meinung nach die Paramilitärischen
Einheiten der türkischen Armee und des Büros für spezielle
Kriegsführung, die wie in der Vergangenheit gegen die kurdische
Bevölkerung sowie kurdische Politiker mit einer unerbittlichen
Gewalt und staatlichem Terror vorgehen.
Gerade vor wenigen Wochen berichtete ein Ex-General der
türkischen Armee vor der Presse über staatliche Bombenattentate
und Terror, die er während seiner Dienstzeit in Türkisch-Kurdistan
selber organisiert und teilweise durchgeführt hat.
Vor wenigen Monaten wurden drei türkische Offiziere beim
Legen einer Bombe in einem Buchladen in der kurdischen Stadt
Semdinli ertappt. Die Täter konnten von der Bevölkerung überwältigt
und den Sicherheitsbehörden übergeben werden.
Die EU- und Demokratisierungsgegner, nationalistische türkische
Kräfte, die gegen eine friedlich-demokratische Lösung der
Kurdenfrage in der Türkei sind, sowie der Geheimstaat versuchen,
eine Feindschaft und Zwietracht zwischen dem kurdischen und
dem türkischen Volk zu betreiben.
Damit erhoffen sie sich den brutalen Krieg des türkischen
Staates gegen das kurdische Volk zu rechtfertigen und die
Identität der Kurden weiterhin zu verleumden.
Wir verurteilen diesen barbarischen Gewaltakt aufs Schärfste
und fordern die türkische Regierung auf, diesem staatlichen
Terror ein Ende zu setzen.
Das grausame Blutvergießen muss endlich aufhören.
Wir fordern die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, Druck auf
die Türkei auszuüben, damit die paramilitärischen Verbrecherbanden,
der Gendarmeriegeheimdienst JITEM sowie das Dorfschützersystem
aufgelöst und die Täter vor Gericht gestellt werden.
Denn ein Land, in dem staatlicher Terror herrscht, Gewalt
und Lynchjustiz geduldet bzw. gefördert werden, gehört nicht
in die EU.
15. September 2006
gez.
Abubekir Saydam
(Geschäftsführer des IMK e.V.)
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