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Kurdische Deklaration

Aufruf an die nationale und internationale Öffentlichkeit

Die Türkei, die von der Europäischen Union im Dezember 1999 als Beitrittskandidat in den EU-Erweiterungsprozess aufgenommen wurde, und der zur Bedingung gemacht wurde, die Kopenhagener Kriterien zu erfüllen, hat trotz der seither vergangenen zwei Jahre insbesondere was die politischen Kriterien angeht, seine Hausaufgaben nicht erfüllt und keinerlei ernsthafte Schritte zur „Demokratisierung und zur Lösung der Kurdenfrage“ eingeleitet.

Obwohl die Europäische Union bei der Heranführung der Türkei an die EU eine äußerst milde und entgegenkommende Haltung gezeigt und die Kurdenfrage nicht einmal beim Namen genannt hat, hat das türkische Regime in ihrem „Nationalen Programm“, das sie als Antwort auf das „Beitritts-Partnerschafts-Dokument“ erarbeitet hat, keine ernsten Versprechungen gegeben, die den an sie gerichteten Forderungen zu politischen Reformen Rechnung tragen.

Der türkische Staat höhlt die Kopenhagener Kriterien, die kein Selbstbestimmungsrecht der Völker enthalten und die Kurden, die auf ihrem Territorium leben, nicht als eigenständige Nation werten noch mehr aus, indem sie nicht einmal Schritte einleitet, um die individuellen Rechte, das Wesentliche an den politischen Kriterien, anzuerkennen. Er widersetzt sich weiter, den gesetzlichen Boden zu schaffen, das Recht auf Sendungen, Publikationen und Bildung in der Muttersprache auszuüben. In dieser Hinsicht wurden keinerlei Gesetzesänderungen vorgenommen, und es gibt auch keine dahingehenden Absichten und Initiativen.

Das türkische Regime hat bis heute keine Schritte unternommen, um in der Türkei und in Kurdistan die Meinungs- und Organisationsfreiheit im eigentlichen Sinne einzuführen, und es sieht auch nicht so aus, als wäre es in Zukunft dazu bereit. Die Artikel im Strafgesetzbuch, im Anti-Terror-Gesetz, im Parteiengesetz und den übrigen Gesetzen, die die Gesinnung unter Strafe stellen und die Organisationsfreiheit beschneiden, sind weiterhin in Kraft. Die wenigen Änderungsentwürfe wiederum sind nichts als Augenwischerei. Selbst die Verfassungsnovelle, die dem Parlament zur Abstimmung vorliegt, ist nichts weiter als eine Retusche an der bestehenden Verfassung, die seinerzeit von den Generälen erlassen wurde.

Hieraus folgt der Schluss, dass auch zukünftig die Gesinnung unter Strafe gestellt wird und die Kurdenfrage nicht diskutiert werden darf. Politische Parteien werden kein Programm zur Lösung der Kurdenfrage erarbeiten können und Parteien, die das Problem ansprechen, werden auch weiterhin verboten werden.

Es gibt aber auch keine ernsthaften Bemühungen, um den erdrückenden Einfluss des Nationalen Sicherheitsrates, also dem Organ, das unter der Leitung der Militärs steht, zu unterbinden.

Statt eine friedliche und gerechte Lösung der Kurdenfrage anzustreben, benutzt der türkische Staat den PKK-Vorsitzenden Öcalan als Geisel, über dem die Todesstrafe wie ein Damokles-Schwert schwebt. Durch diesen Faustpfand versucht dieser Staat der PKK seine eigene Strategie zu diktieren und die Kurdenfrage weiterhin zu leugnen sowie das kurdische Volk zur Kapitulation zu bewegen.

Aus all diesen Gründen erklären wir, die kurdischen Parteien, Nichtregierungsorganisationen (NGO’s), Kulturvereine und Intellektuellenverbände als Unterzeichner dieser Deklaration:

Die Kurdenfrage hängt nicht von einer Person oder Organisation ab. Es ist das Problem einer Nation und eines Landes von 40 Millionen Menschen, deren Land geteilt und unter das Joch der Fremdherrschaft gestellt wurde. Kurdistan ist größer als viele andere Staaten dieser Erde, und die kurdische Nation gehört von ihrer Bevölkerungszahl her zu den großen Völkern der Welt. Es ist eine Nation, deren Wurzeln tief in die Geschichte hineinreichen, mit einer eigenen Sprache und einer reichen Kultur. Der größte Teil Kurdistans, in dem auch die meisten Kurden, immerhin 20 Millionen leben, ist eine Kolonie des türkischen Staates.

Obwohl wir eine der angestammten Nationen des Mittleren Ostens sind, begegnet der türkische Staat unserem Volk mit einer Politik des Leugnens. Eine solche Praxis zu Beginn des 21. Jahrhunderts bedeutet eine auf der Welt einmalige Grausamkeit. Der Versuch, vor den Augen der Welt diesen barbarischen Umgang mit einer Nation fortzuführen, ist eine unglaubliche Respektlosigkeit und gleichzeitig eine Anmaßung gegenüber der zivilisierten Welt.

Wir verkünden der ganzen Welt, dass wir uns dieser Grausamkeit widersetzen werden. Wir werden unseren Kampf so lange fortsetzen, bis das kurdische Volk seine legitimen Rechte vollends erlangt hat.

Auch das kurdische Volk hat das Recht, wie alle anderen Nationen sein Schicksal selbst zu bestimmen, in seinem eigenen Land frei zu leben, über seine eigenen Angelegenheiten und Probleme selbst zu entscheiden, die Ressourcen seines Landes in erster Linie für die eigene Entwicklung zu nutzen, seine Kultur zu leben, weiterzuentwickeln und von der modernen Wissenschaft und Technologie Gebrauch zu machen. Wir sind der Auffassung, dass die Voraussetzungen für ein demokratisches Referendum geschaffen werden müssen, damit das kurdische Volk über die Möglichkeiten der Föderation, Konföderation, Unabhängigkeit oder eine andere Lösung abstimmen kann.

Der türkische Staat muss Träume wie die Kapitulation des kurdischen Volkes und die Niederschlagung des kurdischen nationalen Kampfes aufgeben und sich dazu bereit erklären, mit den kurdischen Institutionen in einen Dialog einzutreten, um eine friedliche Lösung des Konflikts einzuleiten.

Internationale Institutionen, allen voran die Organisation der Vereinten Nationen - UNO, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa - OSZE, der Europarat und die Europäische Union müssen endlich damit aufhören, diese kompromisslose, antiquierte, barbarische Haltung des türkischen Regimes gegenüber der Kurdenfrage schweigend hinzunehmen und endlich Initiativen zu ergreifen. Das ist auch ihre Pflicht. Es muss klar sein, dass irgendwelche Beschlüsse, in denen der Wille des kurdischen Volkes keine Beachtung findet, nicht akzeptabel sind.

Wenn die Europäische Union die Türkei als Vollmitglied aufnehmen will, dann muss sie ihr einen klaren und deutlichen Rahmen aufzeigen, wie sie die Kurdenfrage lösen muss, darf aber auch der Türkei nicht eher die Tore öffnen, bis dies nicht verwirklicht wurde. Sie muss den türkischen Staat dazu auffordern, sich internationalen Rechtsnormen zu unterwerfen und die Forderung der kurdischen Seite zu unterstützen, an allen internationalen Plattformen als Partei mit seinen eigenen Vertreterinnen und Vertreter teilzunehmen.

Solange nicht alle Grundrechte den Kurden zuerkannt werden, solange unser Volk seine eigene Zukunft nicht selbst bestimmen kann, ist diese Frage nicht zu lösen. Um eine dauerhafte Lösung des Konfliktes zu ermöglichen und in der Türkei und Kurdistan die Voraussetzungen für Frieden und Demokratie zu schaffen, fordern wir folgende dringenden Schritte:

1. Die Verfassung der Militärjunta von 1982 muss außer Kraft gesetzt und an ihrer Stelle eine demokratische Verfassung eingeführt werden; die Existenz aller ethnischen und religiösen Minderheiten, allen voran die des kurdischen Volkes, muss anerkannt werden, seine nationalen und demokratischen Rechte müssen garantiert werden.

2. Das Türkische Strafgesetzbuch, das Parteiengesetz und die übrigen Gesetze müssen von undemokratischen Artikeln und Paragraphen bereinigt; die Meinungs-, Gewissens-, Presse-, Demonstrations- und Organisationsfreiheit müssen vollends zuerkannt werden.

3. Kurdische Parteien müssen zugelassen werden.

4. Undemokratische Institutionen wie der Nationale Sicherheitsrat, YÖK (Hochschulrat), RTÜK (Oberster Kontrollrat für Radio und Fernsehen) und die Staatssicherheitsgerichte, Relikte aus der Zeit der Junta vom 12. September, müssen abgeschafft werden.

5. Staatlich gelenkte Terror- und Todesschwadrone wie die Konterguerilla und die JITEM (Geheimdienst der Gendarmerie) müssen zerschlagen und für ihr Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden.

6. Vertriebene Kurden, die während des schmutzigen Krieges aus ihrer Heimat vertrieben, deren Dörfer und Kleinstädte zerstört und niedergebrannt wurden, müssen die Möglichkeit der Rückkehr erhalten und entschädigt werden.

7. Die Unterdrückung der kurdischen Sprache und Kultur muss beendet, kurdische Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie Bildung in kurdischer Sprache müssen freigegeben werden, und diese Rechte müssen durch sämtliche Gesetze, allen voran durch die neue Verfassung, garantiert werden.

8. Alle Gesetze und Rechtsverordnungen, die kurdische Namen verbieten, müssen aufgehoben, die Änderungen der Flora- und Fauna- sowie Ortschaftsnamen in den kurdischen Gebieten rückgängig gemacht werden.

9. Das Bildungssystem muss von rassistisch-chauvinistischen Inhalten befreit und demokratisiert werden.

10. Die Todesstrafe muss gänzlich aufgehoben und Folter, außergerichtliche Hinrichtungen, Repressionen und Übergriffe gegenüber politischen Gefangenen beendet, Gefängnisse des F-Typs müssen abgeschafft werden.

11. Kurdistan wird seit 23 Jahren unter Bedingungen des Kriegsrechts und des Ausnahmezustandes verwaltet; diesem Zustand muss umgehend ein Ende gesetzt werden, das Dorfschützersystem muss abgeschafft werden.

Wir, die kurdischen Organisationen als Unterzeichner dieser Deklaration rufen alle patriotischen Kurdinnen und Kurden dazu auf, sich zusammen zu schließen, sich für das gemeinsame Ziel einzusetzen, um die Stimme des kurdischen Volkes zu erheben und diese Forderungen, die den Weg zu einer friedlichen und demokratischen Lösung der Kurdenfrage ebnen wird, durchzusetzen.

Wir rufen die internationale Öffentlichkeit und ihre Institutionen dazu auf, sich mit dem unterdrückten und entrechteten kurdischen Volk zu solidarisieren.

September 2001

Erstunterzeichner:

PNK-Bakur (Nationale Platform Nord-Kurdistan):

HEVGIRTIN (Patriotische Union), PADEK (Partei für Demokratie und Freiheit Kurdistans), PIK (Islam-Partei Kurdistan), PRK-RIZGARî (Befreiungspartei Kurdistans), PSK (Sozialistische Partei Kurdistans), RSDK (Demokratisch-sozialistische Organisation Kurdistans), PŞ-KAWA (Revolutionäre Partei - KAWA), Kürdistan Özgürlük Insiyatifi (Freiheits-Initiative Kurdistans).

Unterstützer:

KOMKAR – Verband der Vereine aus Kurdistan, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Belgien, Österreich, Schweden, Schweiz; IMK – Internationaler Verein für Menschenrechte der Kurden, Deutschland; KOMJIN – Verband der Frauen aus Kurdistan, Germany; KOMCIWAN - Verband der Jugend aus Kurdistan, Germany; Koerdische Arbeider Unie, Nederland; KAC – Kurdish Advice Centre, London, Kurdische Gemeinde in Deutschland, Kurdische Gemeinde in Gießen, HEVKAR – Hamburg, KKE – Koordinationskomitee der Kurden in Europa (Kurdische Initiative in Dänemark, Deutschland, Frankreich, England, Niederlande, Schweden, Österreich, und der Schweiz), PDK-İran (Deutschlands Komitee), Xoybun - Zentrum für kurdische Kunst und Kultur in Deutschland und Dänemark, Kurdisch-griechisches Solidaritätskomitee in Athen

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