Presseerklärung
Ja zur Integration, Nein zur Assimilationspolitik!
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan forderte
die Migranten mit türkischer Herkunft auf, sich nicht assimilieren
zu lassen, jedoch Deutsch zu lernen. Außerdem solle man türkischsprachige
Bildungsstätten wie Schulen und Universitäten einführen. Er
sprach auch von der Wichtigkeit der Muttersprache, unter der
er leider nur das Türkische versteht.
Zunächst müssen wir feststellen, dass der Vortrag vom türkischen
Ministerpräsidenten leider nicht ins Deutsche übersetzt wurde.
Diese Aufforderungen des Ministerpräsidenten sind gegen
eine sinnvolle Integration. Erstens redet er nicht von einer
Integration und betrachtet sie als Assimilation, zweitens
kann das Erlernen der deutschen Sprache allein ohne soziokulturellen
Faktoren bei der Integration nicht helfen.
Da eine Integration für Erdogan nicht wichtig –vielleicht
doch gefährlich- ist, will er, dass die türkischstämmigen
Migranten die deutsche Sprache beherrschen. Wer die türkische
Staatspolitik kennt, kann doch gleich herauskristallisieren,
dass das Erlernen der deutschen Sprache für die Lobbyarbeit
des türkischen Staates benötigt wird.
Die Eröffnung türkischsprachiger Bildungsstätten wird zur
beklagten Gettoisierung vieler Migranten beitragen, mehr nicht.
Das ist ein Hindernis für die Integration.
Der Ministerpräsident ist nicht derjenige, der sich über
Assimilationspolitik beschweren kann. In der Türkei haben
kurdische Schüler weder kurdische Schulen noch muttersprachlichen
Ergänzungsunterricht. Kurdische Sprache und Kultur haben im
öffentlichen Leben keinen Platz. Pflege und Förderung eigener
Identität ist nicht erlaubt. Seine Meinung über Forderungen
der kurdischen Bevölkerung (Schule, Universität, Anwendung
der Sprache bei den Veranstaltungen, Fernsehsendungen, etc.)
äußerte der „demokratische“ und „liberale“ Erdogan, indem
er empört ablehnte, dass es nicht möglich sei, ansonsten bestünde
die Gefahr, dass auch andere nichttürkische Volksgruppen sich
für ihre Rechte einsetzten.
Die Rechte der Migranten in Deutschland haben wir in unserer
Heimat immer noch nicht. Unabhängig von der Regierung herrscht
dort eine offizielle Assimilationspolitik gegen das kurdische
Volk. Sogar sind die Rechte der Kurden in Süd-Kurdistan /
Nord-Irak ein Dorn im Auge des türkischen Staates.
Wir trauern um die Opfer in Ludwigshafen und sind für eine
konsequente Untersuchung der Brandursache; aber diese Tragödie
darf nicht zur Rechtfertigung der Politik der Türkei missbraucht
werden. Wir trauern auch um die Opfer in Madimak-Hotel in
Provinz Sivas, wo mehr als 30 Intellektuelle darunter viele
Aleviten durch islamische Fundamentalisten unter der Beobachtung
der Sicherheitskräfte verbrannten. Dieses Hotel wird jetzt
als Restaurant betrieben. Die Forderungen, dies als Denkmal
oder Museum zum Andenken der Opfer umzubauen, werden von der
Regierung weiterhin ignoriert.
In jeder Volksgruppe gibt es „gute“ und „böse“ Menschen.
Was heißt eigentlich, dass die Türken überall Frieden gebracht
haben? Meint Here Erdogan, dass Deutsche potenziell Verbrecher
/ Brandstifter sind? Was ist jetzt mit den Morden durch „unbekannte“
Täter in der Türkei? Was ist mit Angriffen und Morde gegen
Kurden und Christen? Was ist mit Banden, die durch den Staat
organisiert sind und demokratische Intellektuelle umbringen?
Es gibt Türken, die überall Frieden bringen wie Orhan Pamuk,
und es gibt Türken, die anderen Mord, Folter, Repressalien,
etc. bringen. Wie wollen Sie, Herr Erdogan, die Mitglieder
dieser kriminellen Banden definieren? Sind sie etwa keine
Türken? Der ganze Vortrag war leider nur vom Nationalismus
geprägt.
Es ist unmoralisch, sich über die Integrationspolitik Deutschlands
zu beschweren, wenn man seit über 80 Jahren eine grenzlose
Assimilationspolitik gegen Kurden im eigenen Land betreibt.
Egal, wo wir sind und wer davon betroffen ist, setzen wir
uns gegen jegliche Gewalt und Assimilationspolitik.
Bevor man sich über den Dreck vor dem Haus anderer beschwert,
soll man zuerst seinen eigenen Hof kehren.
Ja zur Integration, Nein zur Assimilationspolitik!
12.02.2008
Verband der Vereine aus Kurdistan
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