Presseerklärung Die
Europäische Union hat mit ihrem Beschluss vom 4. Mai die PKK in die Liste der
Terrororganisationen aufgenommen. Es gibt zu denken, dass ein
solcher Beschluss der EU nicht einer Zeit gefällt wurde, als die PKK insbesondere
in Europa zu Gewaltaktionen gegriffen hat, nämlich in den 80er und bis zur Mitte
der 90er Jahre. Stattdessen fällt dieser aktuelle Beschluss in eine Zeit, in der
die PKK ihre bewaffneten Aktionen beendet hat. Es ist also offensichtlich, dass
dieser Beschluss in der Atmosphäre der Zeit nach dem 11. September steht und ein
Resultat der beharrlichen Forderungen durch die Türkei ist. Unsere Partei
war in der Vergangenheit oft das Ziel von Angriffen der PKK. Diese Angriffe und
Drohungen haben auch in den vergangenen drei Jahren, in denen die PKK seinen bewaffneten
Kampf gegen das türkische Regime beendet und sich ein Programm für Frieden und
Demokratie zugelegt hat, kein Ende gefunden. So sind wir eine Organisation, die
in der Vergangenheit durch die Aktionen und Angriffe der PKK erheblichen Schaden
und große Verluste erlitten und die PKK stark kritisiert haben. Was auch
immer die Gründe dafür gewesen sein mögen, dass die PKK den bewaffneten Kampf
beendet und den Weg des politischen Widerstandes gewählt hat, ja sogar sich aufgelöst
und neustrukturiert hat, so müssen wir feststellen, dass der Beschluss der EU,
die PKK gerade jetzt zum Terroristen zu erklären, weder Sinn macht, noch gerechtfertigt
ist, geschweige denn einen Beitrag zur Lösung des Problems leistet. Dieser Beschluss
wird lediglich die Türkei in ihrer kompromisslosen und aggressiven Haltung ermutigen. Die
Gründe für den Druck der Türkei sind klar. Seit Jahrzehnten hat die Türkei die
Kurdenfrage geleugnet und den elementarsten und legitimsten Forderungen der Kurden
mit brutalem Terror beantwortet. Selbst die PKK ist nichts weiter als ein Produkt
dieser Politik. Das türkische Regime hat mit Hilfe der PKK die Kurdenfrage terrorisiert
und der Öffentlichkeit im In- und Ausland als ein Terrorproblem präsentiert. Auch
heute wendet die Türkei das selbe Rezept an: Sie stellt die Kurdenbewegung weiterhin
als ein PKK- und Terrorproblem dar, versucht die legale politische Ebene den Kurden
zu versperren und ihnen jegliche politischen und kulturellen Rechte vorzuenthalten.
Doch ein Regime, dass tatsächlich Frieden und Demokratie im eigenen Land
wünscht und gegen den Terror ist, hätte die Chance nutzen müssen und in dem Moment,
in dem die Waffen schweigen, Schritte zur Lösung des Konfliktes einleiten und
die politische sowie friedliche Phase ebnen sollen. Das türkische Regime
dagegen ist entschlossen, mit ihrer fortgesetzten Demagogie „Terrorbekämpfung“
diese Phase bzw. Ebene den Kurden zu versperren und den Druck auf sie zu erhöhen,
um das Spiel des schmutzigen Krieges weiter zu betreiben. In diesem schmutzigen
Spiel versucht die Türkei die EU für ihre eigenen Ziele zu instrumentalisieren. Unsere
Partei ruft die EU auf, diese schmutzigen, primitiven und repressiven Pläne der
Türkei nicht zu unterstützen. Andererseits sind die Interpretationen der
PKK-Kreise gegenüber diesem Beschluss ebenfalls nicht realistisch. Als erstes
muss klargestellt werden, dass durch diesen Beschluss nicht alle Kurden als Terroristen
beschuldigt werden und nicht die gesamte kurdische Bewegung verboten wurde. Die
Organisationen und Institutionen aus den anderen Teilen Kurdistans sind zu keiner
Zeit zum Ziel einer solchen Anschuldigung geworden. Dies gilt auch für die Organisationen
aus Nordkurdistan mit Ausnahme der PKK. Es gibt heute zahlreiche kurdische Organisationen
in Europa, die frei arbeiten und respektiert sind. Die PKK ist aufgrund
der eigenen Fehler, an denen sie uneinsichtig festgehalten hat, in diese Situation
geraten. Die seit Jahren fortgesetzte gnadenlose Gewalt gegen die Zivilbevölkerung,
gegen andere patriotische Kreise und gegen Abweichler aus eigenen Reihen, die
blutigen Morde und die Gewaltaktionen in europäischen Staaten sind jedem bekannt.
Unsere Partei hat in den vergangenen Jahren die PKK immer wieder ermahnt und darauf
hingewiesen, dass insbesondere die Gewaltaktionen im Ausland sowohl insgesamt
der kurdischen Bewegung, als auch im Besonderen der PKK selbst großen Schaden
zufügt. Doch bedauerlicherweise hat die PKK diese Warnungen nicht zu Kenntnis
genommen. Die PKK hat den Ast, auf dem sie saß, selbst abgeschnitten. Nun
fordert sie von den kurdischen Organisationen, die sie seit Jahren vernichten
wollte, Unterstützung. Und das in einer ignoranten, mit Anklagen und Drohungen
gemischten Art und Weise. Dennoch sagen wir, dass trotz allem der wirklich
Schuldige und Verantwortliche für alles, was das kurdische Volk erleiden musste,
das türkische Regime ist, das seit Jahren auf seine repressive Politik beharrt
und sich vor einer friedlichen und gerechten Lösung für die Kurdenfrage drückt. Wir,
die Sozialistische Partei Kurdistans, fordern für uns ebenso wie für alle anderen
kurdischen Organisationen das Recht auf freie politische Betätigung in unserem
Land. Einschließlich der KADEK muss allen, die die demokratischen Normen der politischen
Arbeit akzeptieren, das Recht auf freie politische Betätigung gewährt werden.
Das türkische Regime hat kein Recht, sogar im 21. Jahrhundert eine zahlenmäßig
große Nation zu unterjochen, unterdrücken und zu vernichten. Es geht um die Zukunft,
die Freiheit und die Würde von 40 Millionen Menschen, von denen die Hälfte innerhalb
der Grenzen der Türkei lebt. Die EU sollte nicht auf der Seite des Starken,
sondern auf der Seite der Gerechtigkeit stehen. Dem Gewaltregime in Ankara
muss endlich Einhalt geboten werden. Sowohl das kurdische Volk, als auch
die erdrückende Mehrheit des türkischen Volkes verlangen nach Freiheit, Frieden
und einem menschenwürdigen Leben. Das brutale, militaristische und rassistische
Regime setzt beharrlich seine bisherige primitive Politik fort und zerstört die
Hoffnungen und die Zukunft beider Völker. Das kann so nicht weitergehen.
Wir Kurden werden niemals den Sklavenstatus, die Ungleichheit und die Erniedrigungen
akzeptieren. 7. Mai 2002 Kemal Burkay Sozialistische
Partei Kurdistans (Generalsekretär) |